Geschichten einer Abenteurerin – Band 18

Geschichten einer Abenteurerin - Band 18
Das achtzehnte Buch einer Reihe von Nacherzählungen zu den Erlebnissen von Kari Sha’thar. Dieses Buch trägt den Titel: „Kapitänin Spottdrossel - Trollreliquie“.

Kapitänin Spottdrossel – Trollreliquie

Prolog

Was bisher geschah:

Ich hatte ein eigenes Boot geschenkt bekommen, die Sturmtanz. Gut, es war ein kleines Boot, aber es war meins. Und so segelte ich als Kapitänin Spottdrossel nach ein paar grundlegenden Einweisungen in den Süden. Ich war alles andere als eine erfahrene Kapitänin, oder eine gute Seglerin, daher blieb ich immer in der Nähe des Landes. Nach der ersten Nacht segelte ein Schiff ohne Positionslichter an mir vorbei, was mich stutzig machte. Ich folgte dem Schiff und schlich mich schließlich in das Versteck der Piraten. Dort wurde ich gefangen genommen, konnte mich aber zusammen mit der Mannschaft einer Expedition befreien. Nachdem ich dem Piratenkapitän eine Tracht Prügel verabreicht hatte, segelte ich munter der Expedition hinterher, die sich das Piratenschiff genommen hatte, auf dem Weg zu neuen Abenteuern.

Inhalt

Kapitel 1 – Eine Expedition die ist lustig

Die Expeditionsmannschaft hatte eine ruhige Bucht im SĂĽden, direkt am Schlingendorntal, gefunden und dort Anker geworfen. Ich blieb bei ihnen und half, das Lager aufzubauen. Ihre Suche nach magischen Artefakten und deren Forschung war nicht uninteressant, es roch regelrecht nach neuen Abenteuern. Und da war dann auch die Karte der Piraten, die ich erbeutet hatte. Es war nämlich nicht eine Seekarte gewesen, wie anfangs vermutet, sondern tatsächlich eine Karte von einem Ort, tief im Dschungel. Und das machte alle – mich eingeschlossen – neugierig. Was gab es dort so besonderes, was die Piraten interessierte?

Schreihals, die Kapitänin und AnfĂĽhrerin der Mannschaft, entschloss sich, das herauszufinden und teilte ihre Leute ein. Sie selbst, sowie Blondschopf, ein Kerl mit – oh Wunder – blonder Mähne und EisenbeiĂź, ein HĂĽne von einem Kerl, der sicherlich zum FrĂĽhstĂĽck bereits rostige Nägel kaute und meine Wenigkeit wĂĽrden der Karte folgen, während der Rest im Lager und bei dem Schiff bleiben sollte.  

Gesagt, getan. Wir bahnten uns also den Weg durch den Dschungel und folgten den Hinweisen auf der Karte. Der Weg war zwar anstrengend, aber bis auf das Balancieren auf einem Baumstamm über einen Abgrund nicht sonderlich spannend. Doch dann öffnete sich das Buschwerk und vor uns tauchte der gesuchte Platz auf. Ruinen, bereits halb vom Dschungel verschlungen. Das musste ein ehemaliger Tempel der Trolle gewesen sein, die in dieser Gegend sesshaft waren. Aber wieso war er verwaist? Und wieso zeigte die Karte dorthin? Wir wollten es herausfinden und so wurde ich vorgeschickt, die Gegend zu erkunden.

Ich schlich also zwischen Mauerresten, immer der breiten Straße entlang, die schnurgerade bis zur Pyramide führte, die vermutlich den Tempel darstellte. Ich hatte vor einiger Zeit schon einmal so einen Tempel betreten und das Innere hatte mir alles andere als gefallen. Das Gleiche erwartete ich nun auch hier, ich hoffte jedoch auf etwas anderes. Außerdem konnte ich mich noch an die Fallen entsinnen, denen ich damals begegnet war, und so sah ich mich jetzt hier sehr genau um, um nicht denselben Fehler noch einmal zu machen. Damals hatte ich nämlich einige der Fallen ausgelöst, mit sehr unschönem Ergebnis.

Und welch ein Glück, fand ich auch sogleich die erste Falle. Ein paar lockere Steine, die eine Grube abdeckten, die mit Spitzen gespickt war. Ich markierte die Stelle und ging weiter, nur um kurze Zeit später eine zweite Falle zu bemerken. Dieses Mal, weniger raffiniert, war ein Seil über den Weg gespannt. Was genau die Berührung auslösen würde, fand ich in der kurzen Zeit, die ich mir zum Untersuchen gönnte, nicht raus. Es war aber gewiss nichts Positives. Ich stieg über das Seil und schlich weiter. Schließlich kam ich am Fuße der Pyramide an. Der Eingang zu diesem Bauwerk befand sich an der Spitze und so schritt ich langsam die Stufen hinauf, die sich an einer Seite der Pyramide befanden. Stufen sind häufig eine perfekte Möglichkeit für eine Falle. Ich hatte schon diverse kreative Ideen gesehen, wie zum Beispiel, wenn die Stufe einfach unter dem Gewicht wegsackt.Oder die ganze Treppe zu einer glatten Fläche wird, dann würde es eine sehr überraschende Rutschpartie geben. Ganz simpel war auch der Trick mit unterschiedlichen Treppenstufenhöhen. Der Absatz einer Stufe musste nur eine Handbreit höher oder tiefer sein und schon konnte man ins Straucheln geraten, wenn man nicht genau acht gab. Entsprechend nahm ich mir auch bei der Treppe die Zeit, diese genau zu untersuchen und tatsächlich fand ich an einer Stelle einen sehr verdächtigen Spalt zwischen zwei Stufen. Ich untersuchte die Stelle genauer, aber ich fand nichts weiter. Also zuckte ich mit den Schultern und stieg die Stufen weiter in die Höhe. Oben endlich angekommen, drehte ich mich um und hatte einen wirklich spektakulären Ausblick auf die Umgebung. Dadurch erkannte ich auch, dass die Ruinen weiter reichten, als zunächst angenommen. Ich behielt das im Hinterkopf und winkte meinen Kameraden zu, mir zu folgen. Ich brauchte nicht lange zu warten, da waren Schreihals, Blondschopf und Eisenbeiß bei mir angekommen.

Wieder ging ich vor. Die Pyramiden der Trolle waren so angelegt, dass man erst die Stufen bis zur Spitze hinauf gehen musste, nur um dann von dort ins Innere hinab steigen zu können. FĂĽr mich keine sehr schlĂĽssige Logik, aber vielleicht machte es ja fĂĽr die Trolle einen Sinn. 

Es ging also unbeleuchtete Treppen hinunter, in den Bauch des Tempels hinab. Zum Glück hatten wir Fackeln dabei, wodurch wir nicht bei völliger Dunkelheit das Innere erforschen mussten. Überall befanden sich fremdartige Zeichnungen, die sich Schreihals und Blondschopf fleißig notierten. Sie waren ganz eindeutig für die Forschung hier, während Eisenbeiß und ich für das Grobe zuständig waren. Der Weg führte immer weiter in die Tiefe, bis zu einer Tür, vor der wir angewurzelt stehen blieben. Die Tür, eindeutig von Trollen errichtet, war vermutlich einmal verschlossen gewesen. Doch nun war sie ganz eindeutig aufgehebelt worden, das Schloss zerbrochen. Und das konnte erst vor sehr kurzer Zeit passiert sein. Wir blickten uns überrascht an. Wer konnte noch von diesem verlassenen Tempel wissen?

Nun hieß es, noch vorsichtiger und vor allem leiser voranzuschreiten, wenn das überhaupt noch steigerbar war. Ich huschte vorweg, aktivierte meinen Ring mit dem roten Stein, der schließlich schwach zu leuchten begann. Das war besser als eine Fackel, deren Schein wesentlich verräterischer war.

Ich bog um eine Ecke und da hörte ich es vor mir zuerst Ă„chzen, dann ein Knirschen und schlieĂźlich eine Stimme. »Geschafft. Es ist offen â€¦Â« Ich hielt inne. Da vorne war jemand. Nur wer? Ich ging weiter nach vorne und bemerkte das unstete Flackern einer Fackel hinter der nächsten Gangbiegung. Ich ĂĽberbrĂĽckte die Distanz und lugte vorsichtig um die Ecke. Und da wusste ich, wer uns zuvor gekommen war.

Kapitel 2 – Diebe, die von Dieben stehlen

Hinter der Biegung erkannte ich die Zwergin, der ich die Rumflasche an den Kopf geworfen hatte, daneben die anderen Kerle, die ich niedergeknüppelt hatte. Und ganz vorne stand Schönling. Nun jedoch mit einer markanten roten Linie auf der Wange, die das zersplitterte Holz hinterlassen hatte. Die Piraten (siehe Band 17).

Ich kaute nachdenklich auf der Unterlippe. Das waren mehr als wir, andererseits hatten wir den Überraschungseffekt. Das hatte das letzte Mal schon geklappt. Ich blickte über die Schulter und winkte meine Kameraden zu mir und bedeutete ihnen gleichzeitig, dabei leise zu sein. Zu meiner Freude dachten sie mit und löschten die Fackel, bevor sie zu mir stießen. Leise berichtete ich ihnen, was Sache war. Ein Blick in die Runde sagte mir, dass dieses Mal die Überraschung sehr viel besser ausfallen müsste, denn außer Eisenbeiß überzeugte mich niemand von allzu großen Kampffertigkeiten. Daher hieß es erstmal noch abzuwarten und weiter zu beobachten.

Und tatsächlich tat sich was. Die Piraten hatten eine weitere TĂĽr aufgestemmt und starrten nun in den dunklen Gang dahinter. »Los geh vor!« Knurrte Schönling gerade und winkte einen aus seiner Mannschaft nach vorne. Dieser ging zögerlich und sichtlich unwillig vor und betrat den Gang. Er machte gerade mal zwei Schritte, da gab es plötzlich einen heftigen Schlag und rasiermesserscharfe Klingen kamen, an einem Holzbalken angebracht, von der Decke herunter und direkt auf das Mannschaftsmitglied zu. Wäre er so groĂź wie ein Troll gewesen, dann hätten ihn die Klingen glatt geköpft. So jedoch konnte er seinen Kopf behalten, wurde aber fast skalpiert, bevor ihn das Holzbrett zurĂĽckschleuderte und er auf dem Boden landete. Es war einen Augenblick beinahe gespenstisch ruhig. Dann klickte und ratterte leise etwas und das Brett mit den Klingen daran hob sich wieder gen Decke, bereit, den nächsten Delinquenten zu rasieren. Dann begann der verletzte Pirat, vor Schmerz zu stöhnen und seine Kameraden stĂĽrzten auf ihn zu. Nicht jedoch Schönling und die Zwergin. Der AnfĂĽhrer fluchte nur und starrte finster in den dunklen Gang. »Verdammte Trolle.« 

Das wäre ein guter Moment gewesen, die Piraten zu ĂĽberraschen, doch genau in diesem Moment bemerkte ich einen Fackelschein hinter uns. Ich fuhr herum, aber es war längst zu spät. Im flackernden Schein konnte ich weitere Piraten erkennen, die den Gang hinunterliefen. Sie waren zwar genauso ĂĽberrascht wie wir, aber eben auch in Ăśberzahl. 

»Schau mal an, wen wir da haben.« meinte einer der Neuankömmlinge und das lenkte die Aufmerksamkeit der Piraten in der Kammer ebenfalls auf uns. Hier war jeder Widerstand jetzt zwecklos. Ich hob die Arme auf Schulterhöhe und trat in den Raum. Schönling kam sofort angeschossen. »Nein, welch freudige Überraschung aber auch«, sagte er mit einem falschen Lächeln. Ich verzog kurz die Mundwinkel abfällig. »Die Freude liegt ganz auf deiner Seite«, erwiderte ich. Schönling machte noch einen Schritt auf mich zu und ich erwartete schon einen Schlag von ihm, da wanderte sein Blick Richtung dunklen Gang. Und dann wieder zu mir. Das anschließende gehässige Grinsen mochte ich gar nicht.

»Du kommst doch wie gerufen. Wir haben da ein kleines Problem und ich bin mir sicher, du wirst dich ĂĽberschlagen, dieses fĂĽr uns zu lösen« sagte er. Mir war sofort klar, was er von mir wollte. Ich blickte ebenfalls zu dem dunklen Gang, dessen Falle einen Piraten fast skalpiert hatte. »Und wenn ich mich weigere?«, fragte ich, und Schönling lachte gehässig. »Dann sterben eben deine Kameraden. Und du wirst dabei zusehen.« 

Ich blickte zu Schreihals, die mit steinerner Miene da stand und seufzte. Das war nichts, was ich sehen wollte. »Verstehe â€¦ aber wenn ich dir den Weg ebene, dann wirst du ihnen nichts tun?«, fragte ich, und Schönling nickte. »Versprochen. Ihnen wird nichts passieren.« Ich traute seinem Wort nicht gerade viel, registrierte jedoch auch, dass er nur von meinen Gefährten gesprochen hatte, nicht jedoch von mir. Aber das half jetzt nicht weiter. Ich trat vor und marschierte auf den dunklen Gang zu, um noch einmal davor stehenzubleiben. 

Der Gang war gute zwanzig Schritte lang, schnurgerade und bot mit den unzähligen Verzierungen an den Wänden eine nicht zu verachtende Anzahl an Möglichkeiten, geschickt Fallen fĂĽr unbedarfte Abenteurer zu verstecken. »Was ist nun?« kam es von hinten ungeduldig und mir war klar, ich hatte nicht viel Zeit, um Fallen aufzuspĂĽren. Schönling wĂĽrde einfach keine Geduld haben. Dann gab es nur eine Möglichkeit. Schnelligkeit. Ich holte tief Luft und rief mir noch einmal die Falle mit den rasiermesserscharfen Klingen in Erinnerung. Sie war eindeutig fĂĽr größere Kreaturen gedacht. Also vermutlich fĂĽr Trolle? Ich hoffe es, denn vielleicht hatte ich dann eine Chance. Ich bewegte mich kurz auf den FuĂźballen vor und zurĂĽck, nahm Schwung und rannte dann los, den Kopf möglichst tief und aus den Augenwinkeln die Wände im Blick haltend. Es klickte zum ersten Mal und ich spĂĽrte den Lufthauch, als das Brett mit den Klingen nach unten schwang. Ich hielt nicht an und blickte nicht zurĂĽck, es waren immer noch gute fĂĽnfzehn Schritte bis zum Ende des Ganges. 

Wieder hörte ich es klicken und hielt unwillkürlich den Atem an, blieb aber immer noch nicht stehen. Es fauchte mehrmals und vor meinen Augen schoss ein Bolzen von links nach rechts vorbei. Es mussten noch andere in der Luft gewesen sein, aber keiner traf mich. Zum Glück waren die Fallen nicht für eine gestörte, kleine Elfe gedacht gewesen, sonst wäre spätestens hier alles vorbei. Nur noch zehn Schritte.

Ich hatte die Entfernung bereits halbiert, als ich es ein weiteres Mal klicken hörte. Zu meinem Schrecken fuhr vor mir eine Klinge in Hüfthöhe aus der Wand und bewegte sich auf mich zu. Geistesgegenwärtig sprang ich mit dem Oberkörper vorweg nach vorne und über die tödliche Klinge. Einer meiner Stiefel blieb an der Klinge hängen und im nächsten Moment lagen meine Fußzehen im Freien, als die Stiefelspitze glatt abgeschnitten wurde. Immerhin behielt ich meine Zehen noch. Hinter der Klinge rollte ich mich ab und kam wieder auf die Beine. Nur noch drei Schritte.

Ich ĂĽberwand die Entfernung, ohne eine weitere Falle auszulösen und stand nun vor einer TĂĽr. Mein Herz schlug wie wild und ich rang nach Atem, obwohl ich ja nur zwanzig Schritte gerannt war. Und trotzdem fĂĽhlte ich mich groĂźartig und ein Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit. Allerdings nur kurz, bis ich das einzelne Händeklatschen hinter mir hörte. »Gut gemacht, mein kleines Elflein« hörte ich Schönling rufen. Ich blickte kurz ĂĽber die Schulter und sah den Kerl an der ersten TĂĽr stehen, noch ein paar Mal in die Hände klatschen und dabei ein Grinsen im Gesicht, das ich ihm zu gerne weggewischt hätte. »Und jetzt stell die Fallen ab. Da wird es bestimmt irgendeine Vorrichtung fĂĽr geben. « 

Ich schnaubte. »Ja, ja. Ich suche schon, Blödmann. Ich will nur erst einmal wissen, ob es noch eine Falle an der Tür hier gibt« brummte ich und beäugte die verzierte Tür vor mir. Dass die Tür so einfach aufging, glaubte ich nicht. Nicht nach den Fallen im Gang.

»Natürlich. Aber beeil dich« antwortete Schönling ungerührt.

Ich schaute mich noch einmal um, aber ich konnte nichts feststellen, das auf eine Falle hindeutete. Also atmete ich wieder einmal tief durch und öffnete die Tür. Ein Zischen war zu hören und ich hielt unwillkürlich den Atem an. War das eine Falle? Doch plötzlich flammten in dem Raum vor mir mehrere Fackeln auf und tauchten den Raum in warmes Licht. Ich atmete erleichtert auf und ging ein paar Schritte in den Raum hinein. Die Wände waren überall mit Zeichnungen und Verzierungen versehen, die mir nichts sagten. In der Mitte des Raumes war eine kleine Säule, die ungefähr auf Brusthöhe endete. Darauf befand sich eine kleine Halterung und darauf schließlich ein rötlicher Stein, der im Fackellicht regelrecht funkelte. Ich hob beeindruckt eine Augenbraue. Der Stein sah wirklich schön aus und musste eine Menge Gold wert sein. Doch wofür war er gedacht? Ich wollte näher gehen, hielt dann jedoch inne. Zu einfach. Der Gang war voll mit Fallen und hier drinnen sollte keine vorhanden sein? Eher unwahrscheinlich.

Aber der Stein war ja jetzt auch nicht mein dringendstes Problem. Ich musste einen Weg finden, diese Fallen abzustellen. Ich blickte mich also noch ein wenig genauer um. Mein Blick fiel auf eine dieser Verzierungen direkt rechts von der TĂĽr. Sie sah ein wenig merkwĂĽrdig aus, so als wĂĽrde sie nicht richtig in die Reihe passen. Ich ging zu ihr, musterte sie genauer, legte dann meine Hände darauf und â€¦ Klack. Mit einem Geräusch, als wĂĽrden Steine aneinander mahlen, bewegte sich die Verzierung ein wenig und aus dem Gang war ein Geräusch zu vernehmen. Ich blickte durch die TĂĽr zu den anderen. Am Gang hatte sich nichts geändert. Ob das die Fallen abgeschaltet hatte? Ich hoffte es.

»So, sie sind aus. Ihr könnt kommen« rief ich und hoffte, die Fallen wären noch nicht abgeschaltet und Schönling wĂĽrde vor meinen Augen in StĂĽcke gerissen. Doch der Kerl war leider intelligenter als gedacht. Er schob Schreihals vor sich her. Wenn die Fallen also noch aktiv wären, dann wĂĽrde sie es zu spĂĽren bekommen. Ich hielt unwillkĂĽrlich die Luft an, aber nichts passierte. Schönling schob die Kapitänin als Erstes in den Raum und folgte grinsend. »Sehr gut, Elflein. Gute Arbeit« lobte er mich, bevor er groĂźe Augen machte, als er den Stein in der Mitte sah. Hinter ihm drängte sich die Zwergin und einige weitere Piraten in den Raum und blieben ebenfalls bewundernd stehen. EisenbeiĂź und Blondschopf, die beiden anderen Gefährten, waren nicht dabei. Ich spähte in den Gang und sah, wie die Beiden von zwei Piraten bewacht wurden. Unauffällig deutete ich Schreihals an, sich Richtung TĂĽr zu begeben und sie schob sich tatsächlich in die richtige Richtung. 

»So, ich hab meinen Teil erfĂĽllt. Jetzt kannst du uns ja freilassen, hmm?« fragte ich Schönling, der gerade auf die Säule zu ging und schon die Hand nach dem Stein ausstreckte. Kurz bevor er den Stein berĂĽhrte, zuckte er zurĂĽck und blickte dann zu mir. »Das ist zu einfach« erklärte er mir und hatte leider die gleichen Gedanken wie ich. Er deutete auf mich. »Du hebst den Stein auf. Erst dann dĂĽrft ihr gehen. « 

Ich fluchte innerlich, aber was blieb mir anderes übrig. Ich nickte kurz, trat ein wenig näher zur Säule und umrundete sie halb. Es war beim besten Willen keine Falle zu sehen, aber das hatte ich auch von dem Gang sagen können. »Gut. Wenn ich den Stein aufhebe, dann können wir gehen, ja? Versprochen?« Die Piraten wichen alle in der Annahme, dass ich gleich eine Falle würde auslösen, bis zur Wand zurück. »Versprochen«, antwortete mir Schönling. Ich nickte, beobachtete den Stein noch einen Augenblick, bevor mein Blick zu Schreihals huschte. Mit den Augen deutete ich ihr an, schon bis zum Gang zurückzuweichen. Sie nickte stumm und tat erfreulich, wie befohlen.

Ich hauchte mich noch einmal in die offene Hand, jetzt musste meine Schnelligkeit wieder herhalten. Ich ging noch einen Schritt zurück, um ein wenig Anlauf zu haben und blickte mich schnell um. Alle Piraten waren gebannt, starrten den Stein an und warteten darauf, was passieren würde, wenn ich ihn anfasste. Dann stürzte ich vor. Ich griff nach dem Stein, der sogar leichter war, als ich gedacht hatte und hielt nicht inne, sondern lenkte meine Schritte direkt weiter zur Tür. Ich hörte noch ein metallenes Schnappen, nahm mir aber nicht die Zeit, zu schauen, was das war. Vermutete ich eine Klinge, die mir die Hand abgesäbelt hätte, wenn ich nicht schneller gewesen wäre. Das Keuchen der Piraten hörte ich, aber noch reagierte niemand. Dann war ich bei der Tür, Schreihals hatte zum Glück meinen Plan verstanden, denn sie rannte bereits den Gang hinunter.

»Dann noch einen schönen Tag«, brüllte ich, als ich die Tür hinter mir zuschlug und Schreihals folgte. Ich hatte ja immerhin meinen Teil eingehalten, ich hatte den Stein aufgehoben. Also konnten wir ja gehen.

Kapitel 3 – Tausend tolle Trolle (TTT)

Schönling wäre gewiss anderer Meinung gewesen, aber ich dachte nicht daran, solange zu warten. Wir hetzten den Gang hinunter und waren wenige Augenblicke später in dem Vorraum, in dem Blondschopf und Eisenbeiß von zwei Piraten in Schach gehalten wurden. Keine Zeit für ein Gespräch, die Tür hinter uns würde gleich aufgehen und unzählige wütende Piraten würden uns hinterherjagen.

»Hier, fang!« forderte ich den ersten Piraten auf und warf ihm den Stein zu. Der fing den Kristall tatsächlich reflexartig auf und ließ dabei sein Entermesser fallen. Schlechte Entscheidung, denn Eisenbeiß ließ sich nicht lange bitten und schmetterte ihm seine übergroße Faust ins Gesicht, dass dieser nur noch Sterne sah. Der zweite Pirat war gedanklich etwas schneller gewesen. Allerdings reagierte auch er nicht geschickt. Er ließ von Blondschopf ab, hob seine Klinge und wandte sich mir zu, die wie von der Sehne geschnellt auf ihn zu raste. Die Klinge wehrte ich mit meiner rechten Armschiene ab, dann rammte ich ihn mit der linken Schulter. Zum Glück trug ich links immer einen Schulterpanzer, sonst hätte dieser Angriff vermutlich wieder dazu geführt, dass ich mir die Schulter auskugelte. Der Pirat flog nach hinten und knallte an die Wand, wo er halb betäubt zu Boden sackte. »Los, raus hier!«, brummte ich, dabei hatte Schreihals bereits Blondschopf gepackt und zerrte ihn zum Ausgang. Eisenbeiß blieb nur einen Augenblick länger, in dem er mir zu nickte und folgte den Beiden. Ich wollte gerade folgen, da fiel mein Blick wieder auf den roten Stein, den der erste Pirat, der durch den Schlag von Eisenbeiß zu Boden gegangen war, noch in der Hand hielt. Ich sprang zu ihm und griff mir den Kristall. »Den leih ich mir mal kurz aus« meinte ich und hörte in dem Moment, wie die Tür hinten im Gang aufflog. Oha, das würde jetzt sehr knapp werden. Ich spurtete meinen Gefährten nach.

Ich holte sie schlieĂźlich ein, als wir die Treppe nach oben stĂĽrmten und oben bereits den Himmel sahen. Jetzt mussten wir nur noch die Treppe der Pyramide hinunter, ein StĂĽck geradeaus und könnten im Wald â€¦ Weiter kam ich mit meinen Gedanken nicht, denn wir blieben alle abrupt stehen. Die vorher so leere Gegend um die Pyramide herum hatte sich geändert. Jetzt waren hier ĂĽberall Trolle zu sehen. Hunderte waren es. Und sie sahen ĂĽberhaupt nicht freundlich aus. Insbesondere, als sie sahen, was ich in der Hand hielt.

»Das ist nicht gut« umschrieb Schreihals die Situation.

»Optimistisch ausgedrückt« merkte ich an und hob den Kristall ein wenig. »Wie sehr willst du den Stein hier unbedingt haben?«

Schreihals betrachtete den Kristall einen Augenblick und schĂĽttelte dann den Kopf. »Ich ziehe unser Leben dem des Steins vor«, erwiderte sie. Ich nickte und griff ĂĽber die Schulter in meinen Rucksack. Ich fischte meine drei kleinen Säcke hervor, die ich immer mit mir fĂĽhrte, wenn ich auf Abenteuer gehe und eine längere Reise mache. In die Knie ging ich und legte die Säcke neben mich. Dann zeigte ich den zu mir hoch starrenden Trollen den Stein und wie ich ihn in einen der drei Säcke steckte. Dann hörte ich bereits unsere Verfolger auf der Treppe hinter uns. »Da sind sie! Na warte Elflein, jetzt wirst du was erleben!« brĂĽllte Schönling und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ich war mir fast sicher, dass er gleich etwas erleben wĂĽrde, was ihm so gar nicht schmeckte. Ich packte die zwei ĂĽbrig gebliebenen Säcke wieder in den Rucksack und hielt den Sack mit dem Stein in die Luft. Als Schönling dann nur noch auf Armeslänge von mir entfernt war und ebenfalls erschrocken stehen geblieben war, weil er nun auch die Trolle sah, warf ich ihm den Sack zu. »Hier, fĂĽr dich â€¦Â« Dann wandte ich mich zu meinen Kameraden um. »Lauft!«  Und deutete an eine Seite der Pyramide, an der sich noch nicht so viele Trolle versammelt hatten. Dort gab es zwar keine Treppe, aber egal. Wir wĂĽrden eben die flache Wand hinunterrutschen. Gesagt, getan.

Hinter uns gab es plötzlich einen Aufschrei der Trolle und aus dem Augenwinkel sah ich, wie einige bereits mit gezogenen Waffen die Stufen hoch rannten. Ich konnte mir auch schon denken, wieso sie so plötzlich in Rage geraten waren. Schönling dĂĽrfte den Sack, den ich ihm einfach so zugeworfen hatte, nicht gefangen haben. Und so ein Kristall war bestimmt zerbrechlich. 

Aber das kümmerte mich jetzt nicht mehr, wir schlitterten die steile Wand nach unten. Eisenbeiß ging voraus und das war unser großes Glück. Unten empfingen ihn gleich zwei Trolle, aber für einen Hünen wie Eisenbeiß waren das keine Gegner. Dem ersten entriss er den Speer und rammte ihn dem zweiten in den Magen. Dieser taumelte zurück. Der nun waffenlose Troll bekam, als Nächstes, die Faust des Hünen zu schmecken und landete danach ebenfalls im Dreck. Ich machte mir innerlich eine Notiz, jetzt doch endlich mal auf den Hünen in meiner Einheit, der An’arkhana, zu bestehen. Das würde unser Leben sehr viel leichter machen.

Als schließlich alle am Fuß der Pyramide angekommen waren, spurteten wir los, gen Dschungel. Eisenbeiß bahnte uns den Weg und die Trolle, die uns verfolgten, überredete ich mit meinen kleinen Krähenfüßen, es nicht zu tun. So kamen wir schließlich im Dschungel an, hielten jedoch nicht inne, sondern rannten immer weiter und weiter, bis wir das Gefühl hatten, unsere Lungen müssten brennen. Aber die Verfolger hatten wir abgehängt.

»Zu schade, das mit dem Stein. Der wäre, fĂĽr die Forschung bestimmt, von unschätzbarem Wert« keuchte Schreihals und hielt sich die schmerzende Seite. Ich zeigte ein leichtes Grinsen, während ich mir den SchweiĂź aus der Stirn wischte. »Nur fĂĽr die Forschung also?« stichelte ich und Schreihals grinste mich an. »Gut, er hätte wohl auch unsere ganze Expedition bezahlt. Aber dass wir da lebend davon gekommen sind, ist mir lieber.« 

Ich nickte, behielt aber mein Grinsen bei. »Und was, wenn ich sagen wĂĽrde, wieso nicht beides? Also Stein und Leben retten?« 

Schreihals sah mich irritiert an. »Wie meinst du denn das?« 

Ich griff in meinen Rucksack und holte die verbliebenen beiden Säcke hervor. Aus einem zog ich schlieĂźlich den Kristall. Meine Kameraden machten groĂźe Augen. »Wie bei allen Dämonen hast du denn das geschafft, Kari?« 

Ich zuckte mit den Schultern. »Eine meiner leichtesten Übungen. Das mache ich praktisch so aus dem Handgelenk« und demonstrierte ihnen einen kleinen Zaubertrick, wie ich auch Münzen in meiner Hand verschwinden lassen konnte.

»Und â€¦ und was war dann in dem Sack? Wegen was sind die Trolle dann so ausgerastet?« 

Ich zuckte mit den Schultern. »Das war mein Wasserbeutel. Da war eh nicht mehr viel drin. Apropos, könnte mir jemand ein wenig Wasser geben? Ich habe Durst. Ich zahle auch mit einem roten Stein.« Alle lachten.

Das war Trollreliquie. Doch meine Reise in den SĂĽden war noch nicht beendet. Weiter geht es in Band 19 –  “Der Geruch des Todes”.


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