Geschichten einer Abenteurerin – Band 6

Geschichten einer Abenteurerin – Band 6
Das sechste Buch einer Reihe von Nacherzählungen zu den Erlebnissen von Kari Sha’thar. Dieses Buch trägt den Titel: "Die Falkenklingen - Dorf im Nebel".

Die Falkenklingen – Dorf im Nebel

Prolog

An das Abenteuer Dorf im Nebel erinnere ich mich mit Schmerzen, den so hatte das Abenteuer geendet. Mit Schmerzen. Dabei hatte das Ganze so interessant begonnen. Eine Zauberin war zu Ena, der Anführerin der Falkenklingen, gekommen und hatte um unsere Hilfe gebeten. Ich war bei der Besprechung nicht zugegen gewesen, so dass ich später nur Bruchstücke erfahren hatte, doch diese klangen recht spannend. Ein mysteriöses Dorf in dem seltsam entstellte Leichen auftauchten, Bewohner spurlos verschwanden und schließlich jeder, der das Dorf besuchen wollte, nicht mehr von dort zurückkam. Das reizt doch einen richtigen Abenteurer, dort nach dem Rechten zu sehen, oder? Mich jedenfalls sofort. Ich war bereit der Zauberin zu helfen, die eine Bewohnerin des Nachbardorfs war und sich Sorgen machte. Auch um ihr Dorf. Was auch immer passiert war, es konnte ja auch auf andere Siedlungen übergreifen.

Wir machten uns also auf in Richtung dieses mysteriösen Dorfes und kamen schließlich an einem späten Abend dort an. Schon von Weitem wurde uns klar, der Auftrag würde noch viel mysteriöser, als wir vorher dachten.

Inhalt

Kapitel 1 – Der Nebel

Vor uns breitete sich eine Wand aus grauem Nebel aus, so das die ersten Häuser des Dorfes nur schemenhaft zu erkennen war. Wir standen stumm am Ortseingangsschild, knapp außerhalb dieses Gebildes, das wie mit einem Lineal gezogen genau zwei Schritt vor uns endete. Das war kein gewöhnlicher Nebel, das war uns allen klar, aber was war es? Und was für Grauen verbarg es? Obwohl ich freudig ins Abenteuer gestartet war, machte sich nun ein ungutes Gefühl in mir breit. Ich blickte zu meinen Kameraden und sah in ihren Gesichtern das Gleiche. Sie blickten ernst und etwas unruhig auf diese mysteriöse Wand.

Es war ungewöhnlich ruhig an diesem Abend, die Geräusche wirkten irgendwie gedämpft, als hätte man sich Watte ins Ohr gesteckt und wolle dadurch noch etwas hören. Unwillkürlich rieb ich mein Ohr, doch das war frei. » Wir müssen wissen, was da in dem Nebel passiert. Späher vor. « durchbrach Ena die Stille. Auch ihre Stimme wirkte leiser als gewöhnlich und trotzdem wäre ich fast zusammen gezuckt, konnte mich aber im letzten Moment noch beherrschen und nickte nur. Es war sinnvoll, den Nebel zu erkunden, bevor alle dort hinein gingen. Wer wusste schon, was sich in dem Grau verbarg. Eine kleine Vorwarnung war da gewiss nicht verkehrt. Aus den Augenwinkeln sah ich noch die Läuferin, wie sie sang und klanglos nach vorne ging und von dem Nebel verschluckt wurde. Wieder einmal viel zu vorschnell, aber so war Läuferin.

Läuferin, eine Leerenelfe, bezeichnete sich selbst als Schattenläuferin und behauptete, durch die Schatten gehen zu können. Was das genau war, konnte sie nicht erklären und ich hatte es aufgegeben, es zu verstehen. Vieles war mir über Läuferin nicht bekannt, sie deutete nur an, eine schwere Kindheit gehabt und schließlich als Killerin ausgebildet worden zu sein. Und diese Profession schien ihr in Fleisch und Blut übergegangen worden zu sein. Einen Gegner unschädlich machen war für sie gleichbedeutend mit Töten. Ich hatte ihr versucht, den Vorteil näher zu bringen, seinen Feind am Leben zu lassen, doch für sie schien es einfacher, ihren Gegner zu töten. Obwohl mich diese Praxis erwiderte fand ich Läuferin zumindest zum Teil sympathisch. Sie hatte einen ähnlichen Humor wie ich und auch einen Hang zum Streiche spielen. Möglicherweise kompensierte sie dadurch die brutale Lebensweise, die sie gewählt hatte. Neben der Ansicht, alle Feinde töten zu müssen hatte Läuferin noch andere Schwächen. Die größte davon war ihr sehr unüberlegtes Handeln. Sie agierte für gewöhnlich erst, bevor sie nachdachte. Vermutlich hatte nur ihr Können mit den beiden Schwertern sie bisher davor bewahrt, ins Gras zu beißen. Aber früher oder später würde ihr Können einfach nicht mehr ausreichen. Eine weitere Schwäche von ihr war ihre Anhänglichkeit. Sie brauchte ständig jemanden in ihrer Nähe und erkannte nicht die Grenzen der Anderen. Sie stand häufig immer einen kleinen Schritt zu nah, suchte Körperkontakt, wo er nicht erwünscht war und solche Dinge. Warum ich Läuferin diesen Spitznamen gab? Nun, Schattenläuferin war mir zu lang, Schatten war bereits eine andere Leerenelfe (siehe Bösewichte in der Stadt), blieb also nur Läuferin übrig. Und irgendwie passte es auch, Läuferin.. lief gerne mal ins Fettnäpfchen.

Ich blickte zu Ena. » Zwei Mal den Eulenruf als Zeichen, dass ihr kommen sollt? « fragte ich. Ena nickte. Ich zog mein Schwert und aktivierte den Rubin an meinem Ring. Das rötliche Glühen war für gewöhnlich schon nicht sehr hell, aber jetzt am Rande des Nebels, war es kaum zu erkennen und trotzdem irgendwie beruhigend. Ich wollte gerade hinter den grauen Schleier treten, da tauchte Läuferin ganz unverhofft wieder auf. » Eine Tote liegt da vorne. Scheint eine Dorfbewohnerin zu sein. « sagte sie. Ich kräuselte die Nase. Das hörte sich schon mal nicht gut an.

» Ich schaue es mir an… « meinte ich dann und trat in den Nebel ein.

Wirkte der Nebel schon von außen bedrohlich, so wirkte er von innen noch viel schlimmer. Er fühlte sich auf der Haut unangenehm an, irgendwie schleimig und widerlich, nicht wie normaler Nebel. Ich verzog angeekelt den Mund, zögerte aber nicht weiter und schritt voran. Nach nur wenigen Schritten erreichte ich die erwähnte Leiche. Es war eine Frau, furchtbar zugerichtet und mit dem Ausdruck von Entsetzen auf dem Gesicht. Ich kniete neben der Toten nieder und untersuchte sie. Eine Wunde konnte ich nicht entdecken, es schien einfach so, als wäre die Frau vor Entsetzen gestorben. Ich seufzte. Niemand hatte verdient so zu sterben. Nach kurzem Zögern durchsuchte ich die Taschen der Toten, vielleicht gab es ja einen Hinweis auf ihren Mörder. Doch da war nichts, außer drei Kupfermünzen. Ich überlegte kurz, behielt die Münzen dann aber in der Hand, stand auf und stieg über die Leiche hinweg. Ich schaute gewiss sehr grimmig, als ich den Eingang des ersten Hauses erreichte. Keine Sorge, dein Mörder wird noch die gerechte Strafe ereilen, bedachte ich die Tote, bevor ich mich wieder auf das Hier und Jetzt konzentrierte.

Die Tür des Hauses war zugenagelt und dahinter war weder Licht noch ein Geräusch zu vernehmen. Hier war nichts zu holen, also zum nächsten Haus. Ich glitt durch den Nebel, der immer dichter wurde und sich immer ekliger anfühlte. Wenn ich aus dem Nebel heraus kam, musste ich unbedingt baden, um dieses widerliche Gefühl los zu werden.

Die zweite Tür war offen, oder besser kaum vorhanden. Ich blickte in die Öffnung hinein. Nichts. aber das sollte nichts heißen. Ich warf die drei Münzen, die ich noch in der Hand hielt in den Raum dahinter und warte zwei Augenblicke. Auch nachdem der letzte Klang der Münzen verklungen war, passierte nichts. Also betrat ich das Haus. 

Ein greller Blitz und ein darauf folgender Donner ließ mich vor Schreck zusammen krümmen. Ich war für mehrere Herzschläge lang taub und blind und erwartete fast schon einen Angriff, der aber zum Glück nicht kam. Ich atmete erleichtert auf, als das Klingeln in meinen Ohren langsam nachließ und ich schemenhaft wieder etwas erkennen konnte. Dann fluchte ich leise. » Gut gemacht.. dämliche Kari! « Ich schüttelte einmal den Kopf und blickte mich um. Der Ring spendete mit seinem rötlichen Schein nur mäßig Licht, aber es reichte, um etwas erkennen zu können. Ich hatte anscheinend eine Falle ausgelöst, doch bis auf den Knall und den Blitz war nichts passiert. Ob ich irgendeinen Alarm ausgelöst hatte? Ich wusste es nicht und würde es wohl noch früh genug mitbekommen. Genau in dem Moment bemerkte ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Ich fuhr herum, das Schwert in einer Abwehrhaltung erhoben und atmete im nächsten Moment erleichtert aus. Eine schwarze Katze quetschte sich gerade durch einen Spalt und war im nächsten Moment verschwunden. Ich ließ das Schwert sinken. » Ich wusste, warum ich diese Viecher nicht leiden kann « knurrte ich, wohlwissend, dass es dafür eigentlich einen ganz anderen Grund gab. Aber meine Abneigung gegenüber Katzen gehört jetzt nicht zu der Geschichte.

Ich verließ das Gebäude wieder.

Der Nebel war mittlerweile zu einer fast undurchdringlichen Suppe verkommen, aber immer noch waren kaum Geräusche zu vernehmen. Scheinbar hatte dadurch niemand den Krach bemerkt, den ich verursacht hatte. Manchmal hatte man auch Glück.

Ich ging vorsichtig weiter, immer tiefer in das Dorf hinein, Richtung Dorfmitte. Am nächsten Haus schlich ich wieder zur Tür. Diese war intakt. Nicht nur das, durch das Schlüsselloch drang Licht hervor. Ich kniete mich hin und spähte hindurch.

Ich sah zwei Männer, auf dem Boden kniend, die Arme erhoben, als flehten sie eine Gottheit an. Die schwarzen Kutten schrieen förmlich auf zehn Schritt Entfernung nach Kultisten. Und sie schienen zu beten, oder einen Zauber zu wirken, oder irgendetwas zu beschwören. Jedenfalls ganz gewiss nichts gutes. Ich prüfte, ob die Tür abgeschlossen war, indem ich die Türklinke ganz langsam herunter drückte. Sie war nicht verschlossen. Sehr gut. Ich spähte durch den Spalt, als ich die Tür ein wenig öffnete und nahm den beißenden Geruch nach Räucherwerk wahr. Außerdem war hinter den beiden Kapuzenmännern nun noch eine Treppe zu erkennen, die in den ersten Stock führte. Hier brauchte ich Verstärkung.

Ich legte meine Hände als Trichter geformt an meinen Mund und stieß den Ruf einer Eule aus. Zwei Mal kurz hintereinander. Tatsächlich hatte ich nur den Ruf von zwei Vogelarten erlernt, mein Bruder nutzte diese Laute, um sich mit seinen Kameraden der Waldläufer über große Entfernungen zu verständigen. Den Ruf der Eule und den Ruf des Falken hatte er mir beigebracht. Der des Falken war ziemlich schwer zu imitieren und dazu zu dieser Uhrzeit nicht sehr glaubwürdig. Jeder halbwegs fähiger Vogelkundiger würde stutzen, wenn er den Ruf des Falken in der Nacht vernehmen sollte.

Ich wartete. Irgendwo in der Ferne meinte ich, Stimmen zu vernehmen, aber ich konnte nicht sagen, ob sie näher kamen. Dafür bemerkte ich, durch einen weiteren Blick durch den Türspalt, dass langsam Bewegung in die beiden Kuttenträger kam. Egal was sie gerade machten, sie würden wohl sehr bald fertig damit sein. Es wurde Zeit.

Ich stieß den Ruf der Eule noch zweimal aus. Zu meiner Erleichterung tauchte kurz darauf die Läuferin aus dem Nebel auf, gefolgt von Ena, dem Stummen und Bärchen. Bärchen, sie dürften es schnell erraten haben, ist ein Pandare, groß, breit, haarig, ruhig und gemütlich, wie so viele Pandaren. Manchmal war er der Klebstoff in unserer Einheit und beruhigte die Gemüter mit seiner gemächlichen Art. Oh, und man konnte ihm prima Streiche spielen. Ich erinnere mich immer wieder gerne an die Situation, als ich ihm ein paar Kiesel am Rücken in den Kragen seines Oberteils geworfen hatte. Die Bewegungen die er danach gemacht hatte, um die Kiesel wieder los zu werden, waren einfach köstlich. Aber gut, zurück zum Thema.

Ich runzelte kurz die Stirn und fragte mich, wo der Rest der Gruppe abgeblieben war. Allerdings nur kurz, denn die Zeit drängte. Ich gab den anderen schnell mit Handzeichen zu verstehen, was ich beobachtet hatte, zählte dann ab drei mit den Fingern herunter und riss die Tür auf.

Kapitel 2 – Angriff!

Ich stürmte in das Haus hinein, mein Schwert seitlich haltend, denn ich wollte es nur zum Blocken verwenden. Ich hatte einen anderen Angriff vor. Die Läuferin war mir direkt auf den Fersen, das konnte ich spüren. Die beiden Kerle waren schnell erreicht, bisher hatten sie kaum reagiert. Ich sprang auf den Ersten, mit den Füßen zuerst. Ich traf ihn voll vor die Brust und der Kerl wurde durch die Gegend geschleudert. Er knallte mit Wucht auf dem Boden auf und blieb dort bewusstlos liegen. Aus den Augenwinkeln sah ich die Läuferin, wie sie etwas brutaler zu Werke ging. Ihre beiden dünnen Schwerter schnitten den Kuttenträger beinahe in Scheiben. Aber etwas anderes war ich von ihr auch nicht gewohnt.

Durch den Sprung war ich selbst auf dem Hosenboden gelandet und richtete mich gerade wieder auf, als ich Schritte auf der Treppe hörte und im nächsten Augenblick tauchten dort vier weitere Kapuzenträger auf. Gedankenschnell griff ich in einen meiner Beutel und fischte eine Handvoll kleiner Krähenfüße hervor. Diese Krähenfüße konnten zwar nicht, wie ihre großen Vettern, einen Fuß durchbohren, aber die Spitzen waren immerhin lang genug, um sich durch die Sohle eines Stiefels zu bohren, dort stecken zu bleiben und dem Delinquenten ein wirklich unangenehmes Gefühl beim Laufen zu bescheren. Die Flüche und Schmerzensschreie dreien der Kuttenträger gaben mir Recht. Durch meine blitzschnelle Reaktion kamen die Drei unorganisiert und ungeordnet am Fuße der Treppe an. Nur einer blieb oben stehen und begann mit den Armen zu wedeln. Auch wenn ich wenig Ahnung vom Zaubern hatte, diese Zeichen kannte ich. Der Kerl wob einen Zauber und das sollte schleunigst unterbunden werden.

Ich zog mit der Linken einen Wurfdolch und warf ihn auf einen der Drei uns entgegenkommenden Feinden. Ich traf seine Schulter, wodurch er zurück taumelte und fürs erste außer Gefecht war. In dem Moment stürmte Ena mit Schild und Schwert bewaffnet an mir vorbei und krachte mit einem markerschütternden Krachen mit einem anderen Feind zusammen. Sie trieb ihn mit vorgehaltenem Schild bis zur Wand zurück und ich erwartete schon, dass er dort regelrecht zermatscht wurde, aber er blieb ganz. Also so halbwegs. Eine wirkliche Bedrohung war er danach jedoch nicht mehr, aber immerhin noch am Leben. Damit kam er besser weg, als so manch anderer. Ich schüttelte trotzdem den Kopf für einen Moment, als ich das Ergebnis sah. Ich sollte Ena besser einen ordentlichen Knüppel als Zweitwaffe vorschlagen, immerhin schien sie ihre Gegner lieber mit dem Schild windelweich zu prügeln, als das Schwert zu gebrauchen. Der dritte Kapuzenmann kam nicht so gut weg. Er traf auf Läuferin, die ihm nicht den Hauch einer Chance ließ. Ihre beiden Klingen fuhren hoch und runter, schnitten und stachen zu und ließen nicht viel mehr als blutigen Konfetti zurück.

» Stummer, wie wäre es, wenn du dir den Kerl da oben auf der Treppe holst, bevor der zaubert! « schrie ich den stoisch ruhigen Söldner an, der einfach an der Tür neben Bärchen stehen geblieben war und die ganze Szenerie einfach nur betrachte. Mit einem einfachen » Mach ich « setzte sich der Koloss in Bewegung und walzte Richtung Treppe. Am Fuße eben jener war er gerade angekommen, da hatte der Kultist oben seinen Zauber vollendet. Ein dunkler Blitz brach aus seinen Händen hervor, überwand die Entfernung im Bruchteil eines Lidschlags und traf den Stummen mit verheerender Wirkung. Der Koloss flog rückwärts von der Treppe und krachte gegen eine Wand. Der Kultist, den ich mit dem Dolch in die Schulter getroffen hatte, hatte einen wirklich schlechten Tag erwischt, stand er doch genau im Weg des fliegenden Riesen. Es gab ein ekelhaftes Geräusch, dann sanken Beide an der Wand nach unten. Der Brustpanzer des Stummen war eingedrückt und an einigen Stellen regelrecht verschmolzen. Mir wurde bei dem Anblick regelrecht schlecht.

Ich wechselte das Schwert in die linke Hand und zog mit der Rechten die Pistole. In dem Moment rammte Ena ihrem Gegner noch einmal das Schild vor die Brust, weil dieser es sich tatsächlich noch einmal erlaubt hatte, zu zucken. Nach dem Schlag zuckte jedenfalls nichts mehr. Die Läuferin flitzte mit langen Schritten über den Stummen hinweg und verschwand auf verstörende Weise plötzlich vor den Augen aller. Ich dachte nicht weiter nach, spannte den Abzugshahn, hob die Pistole und drückte auf dem Kultisten oben ab. Der Schuß krachte und nur einen Lidschlag später befand sich im Kopf des Kultisten ein Loch. Einen Augenblick später tauchte die Läuferin hinter dem Kerl aus dem Schatten auf und rammte ihm eins ihrer Schwerter bis zum Anschlag in den Rücken, so dass die Klinge vorne wieder austrat. 

In meinem Mund hatte ich einen schlechten Geschmack. Töten machte mir – im Gegensatz zu manch Anderen – keinen Spaß, sondern hinterließ bei mir immer ein schlechtes Gefühl, selbst wenn der Feind noch so sehr den Tod verdient hatte. Ich senkte die Waffe und atmete tief durch. Es mag Einige irritieren, dass ich in meinem Beruf so zimperlich bin, aber ein Leben nehmen war und ist mir noch nie leicht gefallen. Und sollte es jemals anders werden, würde ich mich sofort von dieser Arbeit zurückziehen. Ich wollte nie so kalt werden, wie beispielsweise Läuferin, die sich um das Leben, dass sie gerade nahm, nie Gedanken machte. Im Gegenteil, manchmal schien es so, als ob ihr das sogar Spaß machen würde.

Ich spürte die beruhigende und mitfühlende Berührung von Ena auf meiner Schulter und lächelte sie kurz an, bevor ich die Pistole mit einem kurzen Zögern weg steckte.

Da durchriss ein Schrei die langsam auftretende Stille. Ich zuckte zusammen und blickte mich um. » Wie geht es dem Stummen? « fragte ich Ena, doch da humpelte er mir bereits ins Blickfeld. 

» Los raus, wir müssen sehen, was die Anderen machen. « knurrte der Hüne. Ich schloss noch einmal kurz die Augen und atmete durch, dann drehte ich mich um und ging nach draußen. Der Nebel hatte sich aufgelöst, doch auf den Straßen war dafür jetzt einiges los. Die anderen Falkenklingen standen auf dem Dorfplatz, umringt von Kultisten. Verdammt vielen Kultisten.

» Dann also los. Sorgen wir dafür, dass die Kerle diesen Tag niemals wieder vergessen werden… « knurrte ich wild entschlossen und marschierte mit grimmiger Miene Richtung Dorfmitte. Die anderen folgten mir.

Kapitel 3 – Schmerzen

Es waren wirklich verdammt viele Kultisten, aber sie wichen vor uns zurück, so dass wir zu unseren Kameraden auf den Dorfplatz gehen konnten. Wir stellten uns in einem Kreis auf, jeder die Waffe gezückt, da diese Kuttenträger uns längst umzingelt hatten. 

» Wieso greifen sie uns nicht an? « murmelte Ena leise und ich zuckte mit den Schultern. Zum einen war es ganz gut, dass sie nicht angriffen. Ob wir mit dieser Übermacht fertig werden würden, war sehr ungewiss. Zum anderen jedoch, wieso griffen sie nicht an? Warteten sie auf noch etwas noch schrecklicheres? Wenn ja, dann saßen wir echt tief in der Patsche. 

» Ich spüre was. Da kommt was… « sagte plötzlich der Rote mit fester Stimme. Der Rote war ein großer, bleicher Elf, der bevorzugt rotfarbige Rüstungsteile trug und daher auch seinen Spitznamen hatte. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Falkenklingen und führte bevorzugt ein großes, wuchtiges Schwert, mit dem er gerade auf eins der Häuser deutete. Nur Augenblicke später explodierte regelrecht ein Teil der Wand und eine gewaltige, widerlich anzusehende Kreatur schritt durch die Staubwolke und schrie in hohen, spitzen Tönen. 

» Angriff! « brüllte Ena nur und war wie immer eine der Ersten, die vor stürmte, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich glaube, es gab nur sehr wenig, was Ena im Kampf zurückschrecken ließ. Angespornt von dem Ruf unserer Anführerin, drehten wir uns aller diesem Monster zu und stürzten uns auf es. Ich warf einen Wurfdolch, als ich über Brocken von der Mauer sprang, die sich überall auf dem Dorfplatz verteilt hatten. Doch bei der gewaltigen Kreatur war der Treffer vermutlich nicht mehr, als ein Bienenstich bei einem Elfen. Der Rote drosch mit seiner Klinge auf das Vieh ein und hinterließ klaffende Wunden. Der Stumme tat es ihm ähnlich und malträtierte das Monster von der anderen Seite. Den ersten Schlag unseres Gegners ging auf Ena nieder, doch diese hob ihr Schild und wehrte ihn ab. Die Wucht ließ sie mehrere Schritte zurück taumeln, doch sie blieb stehen. Kurz zuckte in ihrem Gesicht der Mund vor Schmerz, doch eine erfahrene Kämpferin wie sie steckte sowas weg. 

Ich war endlich an der Kreatur dran und hob das Schwert zum Schlag. In diesem Moment verließ mich mein Glück. Noch bevor ich zuschlagen konnte, spürte ich plötzlich den Blick des Monsters auf mich ruhen und dann eine gewaltige Faust auf mich zuschießen. Ich brach den Angriff ab, versuchte noch irgendwie zur Seite zu springen oder mich abzurollen, doch ich war einfach nicht schnell genug. Ich wurde voll getroffen, von den Füßen gerissen und überschlug mich gewiss ein Dutzend Mal, bevor ich liegen blieb. Im nächsten Moment spürte ich nur noch Schmerzen. Furchtbare Schmerzen. Ich konnte mich nicht bewegen, mein Blickfeld war eingeschränkt. Ich hatte mein Schwert irgendwo zwischen dem Treffer und dem zehnten Überschlag aus der Hand verloren, in meinem Mund schmeckte ich Blut und wie aus weiter Ferne hörte ich Ena noch schreien. » Kari! Nein! « Dann wurde es dunkel.

Das Erste, was mich aus der Dunkelheit begrüßte war der Schmerz. Jeder Atemzug tat weh, insbesondere auf der rechten Seite, meine Zunge war vermutlich auf das Doppelte ihrer normalen Größe angewachsen und der metallische Geschmack von Blut befand sich immer noch in meinem Mund. Ich öffnete langsam meine Augen und sah im ersten Moment als Belohnung ein gleißendes Licht, dass sich wie Dolche in meine Pupillen bohrten und meinen Schädel beinahe explodieren ließen. Ich stöhnte auf, kniff mehrmals die Augen zusammen und konnte endlich etwas sehen. Doch anstatt den Himmel, wie ich es fast erwartet hatte, sah ich dicke Bohlen über mir. Wo bei allen Dämonen war ich? Ich versuchte meinen Oberkörper aufzurichten und spürte als Zugabe einen furchtbaren Schmerz in meiner rechten Schulter. Ich gab aber trotzdem nicht auf und schaffte es, nach einigen Mühen, endlich zu sitzen. Meine Neugier war schon immer größer als meine Vernunft. Ich blickte mich um und schon sehr bald dämmerte mir, wo ich mich befand. Der Raum und die Einrichtung zeigten mir deutlich, dass ich mich auf einem Schiff befand. Das erklärte auch das leichte Schaukeln, das ich zuerst als Nachwirkungen von meinem brummenden Kopf hielt. Doch was war passiert?

Meine Kameraden und Kameradinnen hatten das Vieh letztendlich in Stücke gehackt. Dann folgten noch zwei bis drei Kuttenträger, bis der ganze Spuk verschwand. Der Nebel war fort und die anderen Kultisten hatten die Beine in die Hand genommen. Von den Dorfbewohnern hatten nicht viele überlebt. Die, die es überlebt hatten, wurden noch ins nächste Dorf in Sicherheit gebracht, dann war die Arbeit für die Falkenklingen getan. Es war sehr bedauerlich, dass so viele Menschen hatten sterben müssen, aber immerhin hatten wir dafür gesorgt, dass sich der ganze Mist nicht auch noch auf andere Dörfer ausdehnte. Die wirklichen Motive der Kultisten hatten wie nie in Erfahrung bringen können, ich muss gestehen, es hatte aber auch kaum einen interessiert.

Mich hatte man zur leichten Brise ins Lazarett geschafft, wo man mich versorgte und ich mich danach schleunigst davon und nach Hause machte. Hatte ich schon erwähnt, dass ich Lazarette hasse? Der Treffer hatte mir einen Brummschädel, drei gebrochene Rippen und eine geprellte Schulter eingebracht, wodurch ich meinen rechten Arm kaum bewegen konnte. Das ich mir bei dem Treffer auch noch auf die Zunge gebissen hatte und so tagelang zur Belustigung meiner Kameraden nur lispeln konnte, fand ich nicht so schlimm wie wochenlanges pausieren, bis ich wieder völlig beschwerdefrei war. Wie ich bereits zu Anfangs erwähnt hatte, erinnert mich dieses Abenteuer besonders an Schmerz… und spätere Langeweile. Aber dann.. wartete der nächste Auftrag…


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