Geschichten einer Abenteurerin – Band 9

Geschichten einer Abenteurerin – Band 9
Das neunte Buch einer Reihe von Nacherzählungen zu den Erlebnissen von Kari Sha’thar. Dieses Buch trägt den Titel: "An’arkhana - Kultisten im Wald".

An’arkhana – Kultisten im Wald

Prolog

Wie der werte Leser feststellen kann, ist dies kein Abenteuer, das ich in der Gemeinschaft der Falkenklingen erlebt habe. Diese haben sich leider seit einiger Zeit aufgelöst, nachdem Ena, die Anführerin, in den Ruhestand ging. Wir Anderen wendeten uns anderen Projekten zu und auch ich versuchte es eine kurze Zeit mit einer Art Ruhestand. Doch mein Herzblut hängt an Abenteuern, so dass ich nach kurzer Zeit wieder auf die Suche ging. Auf diese Mission wurde ich durch einen Bekannten aufmerksam gemacht, der am Brett in der Burg von Sturmwind einen Aufruf fand und mich informierte. Dort suchte eine Gruppe namens An’arkhana, die fast ausschließlich aus magischen Fachpersonal bestand, noch nach Sicherungspersonal, Spähern oder Personen, die sich im Brachland auskannten. Sie wollten einer Serie von Überfällen nachgehen, die sich zwischen Nordwacht und Ehrenwacht ereigneten. Die meisten Händler verschwanden einfach spurlos, doch bei den letzten Überfällen war das ein wenig anders. Es gab Überlebende und diese behaupteten, Felwirker bei der Arbeit gesehen zu haben. Das war schließlich so interessant, dass sich die An’arkhana einschaltete.

Ich traf den Anführer dieser kleinen Gruppe in ihrem Hauptquartier, das mit allerlei Krimskrams vollgestopft war. Zauberer, der Anführer, ist ein Ren’dorei, leicht überheblich, recht dürr und offensichtlich stolz auf seine Profession. Er gehört eindeutig zu den Personen, die zu sehr von ihren Fähigkeiten überzeugt sind, als das sie auch nur über Alternativen nachdenken würden. Seine Art und insbesondere sein Bestehen auf seinen Titel ‘Arkanist’ ließen ihn mir ein wenig unsympathisch erscheinen. Umso mehr amüsierte ich mich, wenn ich ihn weiterhin Zauberer nannte und er fast ausflippte und mich korrigieren wollte. » Es heißt Arkanist! « Er verstand einfach nicht, dass ich ihn dadurch schon aus Prinzip nur noch Zauberer nannte. Ja, ich gebe zu, manchmal kann ich wirklich fies sein, aber so ist das bei Personen, die mir nicht überaus sympathisch kommen.

Wir hielten eine erste Besprechung zusammen mit der zweiten Person ab, die sich auf das Gesuch gemeldet hatte – Pyromane. Pyromane ist ein Mensch und Mönch, der sich sehr offensichtlich gut mit dem Element Feuer identifizieren konnte. Ich kannte ihn schon, da war er noch ein Mitglied der Schwarzfische, während ich bei den Falkenklingen war. Bei der Besprechung wurde deutlich, dass ich für die Spähaufgaben verantwortlich war und Pyromane der Kerl fürs Grobe. Ich war nicht ganz sicher, ob er diese Aufgabe auch bewältigen konnte, aber wenn es darum ging, etwas zu zerstören, dann war er tatsächlich große Klasse.

Als nächstes sollten wir die restlichen Begleiter kennen lernen und so wurde ein weiteres Treffen in einem abgelegenem Haus ausgemacht, das sehr stark nach Militärkaserne aussah. Und dieses Treffen entwickelte sich mehr nach einem Verhör, Pyromane und ich, die beiden angeheuerten Söldner auf der einen Seite, Zauberer, Überheblich und die Alchemistin auf der anderen Seite. Die von der Einheit selbst benannte Pyromanin war nicht vor Ort.

Überheblich ist ein Menschen-Zauberer, der eine beeindruckende arrogante Art an den Tag legte, aber das lieber mit Überheblich bezeichnete, weil es doch einen besseren Klang hatte. Wenn man ihn als besten Zauberer von Sturmwind und Umgebung bezeichnete, konnte man bei ihm ein paar Pluspunkte gewinnen. Dann war seine Art irgendwie auszuhalten. Wie ich später herausfand, konnte man sich mit ihm auch normal unterhalten, wenn man etwas vertrauter war. Alchimistin, eine Ren’dorei, war hingegen eine angenehme Abwechslung zu den beiden Kerlen mit dem Hang, ihre Nase gen Himmel zu richten. Ich vermutete, sie war auch der Grund, wieso die Beiden überhaupt noch am Boden blieben und in ihrer Aufgeblasenheit nicht abgehoben hatten. Zum Abschluss der Beschreibung besagter Personen möchte ich noch erwähnen, dass dies nur der erste Eindruck von ihnen war. Wenn man sie dann tatsächlich etwas näher kennen lernt, können sie doch ganz erträgliche Gesellen sein.

Nachdem also diese Besprechung nicht gerade angenehm war, wurde noch einmal die Situation erörtert und schließlich ein paar Vorschläge gesammelt, wie wir weiter vorgehen sollten. Hierbei schlug ich vor, die Angreifer in eine Falle zu locken, indem wir uns als Händler verkleideten und versuchten, ein möglichst lohnendes Ziel abzugeben. Dies wurde von Überheblich zunächst kategorisch abgelehnt, da er keinerlei Interesse hatte, eine andere Kleidung zu tragen. Als ich dann von der Besprechung fort ging, war ich alles andere als erfreut, aber hinschmeißen kam nicht in frage, dazu wollte ich das Abenteuer zu sehr. Ich fand mich also am gewünschten Treffpunkt ein, als die Mission begann.

Inhalt

Kapitel 1 – Überfallen werden

Der Anfang war recht zäh, wir begannen unsere Reise an der Nordwacht, wo wir – oh Wunder – doch plötzlich Händler spielen sollten und uns auf die Reise zur Ehrenwacht aufmachten. Zauberer würde uns nicht begleiten, Überheblich den Händler spielen – natürlich zu Pferd, während wir anderen auf Maultieren reiten sollten. Ich ignorierte diese verstecken Machtspiele. Umso erfreulicher war das Geschenk von Alchimistin, die jedem von uns zwei Phiolen gab, die mit einem Gemisch aus Äther gefüllt waren. Wir sollten Gefangene nehmen, die man später auch noch verhören konnte. Diese Erwähnung fand ich Anfangs noch etwas merkwürdig, war doch bei den Falkenklingen stets die Devise gewesen, möglichst so viele Gefangene zu machen, wie möglich und nur im äußersten Notfall zu töten. Gut, den großen Schränken musste man das ein paar Mal öfters sagen, bis das in deren Dickschädel eingesickert und sie verstanden hatten, dass es klüger war, Gefangene zu machen, um mehr Informationen zu erhalten, als Leichen zu befragen. Und das musste bei einem Haufen Zauberer auch erwähnt werden? Wie ich später erfahren sollte, war das tatsächlich nötig.

Wir ritten also los, kamen aber am ersten Tag nicht sehr weit, bevor wir unsere Zelte aufschlugen und die Nacht im Brachland verbrachten. Für Leute, die eher selten in einem Wald übernachteten, mag die Geräuschkulisse in der Nacht ungewöhnlich sein, für mich war sie es nicht. Ich hatte einen sehr angenehmen Schlaf. Das war für den ein oder anderen Kameraden nicht ganz so, wie man aus dem Jammern am nächsten Morgen entnehmen konnte. Ich hörte da gar nicht richtig hin, nahm mir nur eine Kleinigkeit zum Essen und beobachtete unsere Umgebung im hellen Licht etwas genauer. Und da geschah es.

Von den umstehenden Bäumen kam ein Krachen aus dem Geäst und dann stürzte sich eine Teufelsfledermaus auf unser Lager herunter, direkt auf Überheblich zu. Ich reagierte ohne nachzudenken, zog meine Pistole und drückte ab. Ich traf das Vieh, aber schien wenig Schaden zu verursachen. Ungehindert packte das Flattervieh den perplexen Überheblich. Doch der ließ sich nicht so einfach aufgreifen. Er zauberte irgendwas und die Teufelsfledermaus ließ ihn kreischend los. In diesem Moment gab es einen grellen Blitz und ein Portal tat sich auf. Daraus hervor stürmten zwei Menschen, ein Ork und ein Teufelshund. Die Menschen waren beide mit Schwertern ausgerüstet, der Ork mit einem zweihändigen Streitkolben und alle Drei stürmten auf mich zu. Warum sie das taten, gerade die äußerlich am wenigsten gefährlich aussehende Person anzugreifen, während sie die anderen Zauberer einfach ignorierten, war mir nicht so ganz klar. Vielleicht weil ich so schnell reagiert hatte, oder ich ein Schwert auf dem Rücken und eine Lederpanzerung an hatte, aber ganz egal, wieso, damit machten sie eindeutig einen Fehler. Die Pyromanin ließ eine Feuerwand erwachsen, wodurch der Ork und der Teufelshund ausgebremst wurden. Pyromane, der Mönch, stürmte auf den Teufelshund los.

Ich warf trotz der anrückenden Bedrohung noch einen Wurfdolch auf die Teufelsfledermaus. Der Schaden hielt sich wohl auch hier in Grenzen, dann aber konzentrierte ich mich auf die anrückenden Gegner. Überheblich hatte ja so sehr geprahlt, sollte er erstmal selbst sehen, wie er zurecht kam. Ich griff nach einer der beiden Ätherphiolen, die ich von der Alchemistin bekommen hatte und warf sie mit Schwung dem ersten Angreifer vor die Brust. Die Phiole zersprang und eine betäubende Wolke breitete sich aus, die der Mensch sofort ein atmete. Ich war gespannt darauf, wie schnell das Zeug wirkte und war beeindruckt von der Geschwindigkeit. Der getroffene Kerl verdrehte fast sofort die Augen und ging zu Boden. Das war mal ordentliche Arbeit. Leider hatte ich nicht genügend Zeit, die Fähigkeiten der Alchemistin ausreichend zu bewundern, denn schon war der zweite Gegner da, holte aus und traf den Schulterpanzer meiner Lederrüstung. Ich hatte den Angriff noch im letzten Moment bemerkt und drehte meinen Körper mit dem Schlag mit, so dass ich einen Teil der Wucht wg nehmen konnte. Trotzdem war der Angriff noch stark genug, dass ich ihn durch die Panzerung spürte. » Autsch.. Dreckskerl.. das tut doch weh.. « brummte ich missmutig und mahlte mir bereits die blauen Flecken aus, die ich davontragen würde. Ich wich ein paar Schritte zurück, um mehr Zeit zu gewinnen. Aber der Kerl hielt nicht inne und kam mir hinterher. In seinem Rücken sah ich den Ork, wie er fuchsteufelswild über den Bewußtlosen hinweg lief, als wäre dieser nur liegengelassener Müll und sich mir mit großen Schritten näherte. Ich griff in meinen Beutel und fischte eine Handvoll Kieselsteine hervor. Als der Mensch wieder nach mir ausholte, warf ich die Kiesel ihm direkt ins Gesicht. Als er schießlich in seinem Angriff gestört war, machte ich zwei Schritte nach vorne, an seine rechte Seite, unterlief damit seinem Angriff und brachte ihn dadurch auch noch zwischen mich und diesem rasenden grünen Monster. Mit dem schweren Dolch stach ich außerdem noch nach dem Oberschenkel des Angreifers. Der schrie auf und ging auf sein verletzte Bein runter. » Du Schlampe… « knurrte er, während ich bereits wieder auf Abstand zu ihm ging.

» Na, na.. redet man so etwa mit einer Frau? « fragte ich mit einem leichten Lächeln. Er versuchte mich mit seiner Klinge zu erreichen, aber ich befand mich bereits außerhalb seiner Reichweite. » Das wirst du noch bü… « knurrte der Kerl, bevor er brutal von dem Ork zur Seite geworfen wurde, der es nicht abwarten konnte, mich zu erreichen. Der Kopf des Menschen kollidierte dabei mit dem zweihändigen Streitkolben des Orks. Der Anblick war alles andere als angenehm anzusehen. Plötzlich tauchte neben mir so ein kleines Wichtelmännchen auf, brabbelte irgendwelchen belanglosen Mist und schien so eine Art Blitz zu zaubern, der den Ork traf. Das verwirrte die Grünhaut wohl so lange, dass er beim Ausholen mit dem Streitkolben mir die Chance überließ, zu handeln. Ich reagierte jedoch anders, als mein Gegner es erwartete. Ich wich nicht aus, warf mich nicht zur Seite oder dergleichen. Ich sprang den Ork direkt an. Ich krallte mich an seiner Rüstung fest und stieß den schweren Dolch in seine Schulter. Die Grünhaut gab nur eine Art knurren von sich und versuchte mich los zu werden. Dabei strauchelte er und stürzte auf den Boden, mich unter sich begrabend. Ich keuchte auf, als sich das Gewicht dieses Kolosses auf mich legte, zog den Dolch aus der Wunde und stieß noch einmal zu. Dann wehrte sich die Grünhaut nicht mehr. Der Ork lebte noch, aber zeigte keinen Widerstand mehr und so konnte ich mich mit einigen Mühen unter dem Körper hinaus winden. Als ich endlich wieder stand und durchatmen konnte, blickte ich mich um. Teufelshund, sowie Teufelsfledermaus waren in der Zwischenzeit besiegt worden. Nur der Pyromanen-Mönch hatte ein paar Kratzer an der Hüfte davongetragen. Und mir tat die Schulter weh, die ich dank herbei gezauberten Eis von Überheblich kühlen konnte. 

Wir atmeten alle erst einmal nach diesem Überfall durch, ich verarztete noch die Hüfte von Pyromane, dann begann die Befragung des einzigen Überlebten, denn der Ork war an seinen Verletzungen schließlich verstorben. Der Kerl, den ich mit der Ätherphiole getroffen hatte, hatte wenig Spaß, nachdem er endlich aufgewacht war. Aber wir brachten keine vernünftigen Informationen aus ihm heraus, daher wurde er nach Sturmwind mittels eines Portals geschickt. Vielleicht würde ja Zauberer noch ein paar mehr Informationen aus dem Gefangenen herausbringen. Interessant war jedoch etwas, was wir bei dem Gefangenen gefunden hatten. Einen Stein, Überheblich nannte ihn Signal-Stein, der anscheinend eine Verbindung zum Lager der Kultisten aufbaute. Denn dass es Kultisten waren und keine gewöhnlichen Banditen, soviel hatten wir dann doch herausgefunden. Wir folgten erst einmal nicht dem Signal, sondern wollten zuerst in Ehrenwacht frische Pferde und Proviant besorgen. Als wir endlich in Ehrenwacht ankamen, wurden wir mit einem eher mäßigen Eintopf und ein paar frischen Pferden begrüßt. Der weitere Weg führte nach Norden, über das Brachland Richtung Eschental. Doch ein breiter Graben, der das Brachland in zwei Teile trennte, versperrte uns zuerst den Weg, für Zauberer aber kein wirkliches Hindernis. Überheblich teleportierte uns alle über den Abgrund, was den Pferden aber weniger gefiel. Insbesondere das der Alchemistin meinte, einen wilden Ritt nach dem Zauber vollführen zu müssen und warf die Reiterin ab. Diese blieb jedoch mit einem Fuß im Steigbügel hängen, was ihr letztendlich einen verdrehten Fuß einbrachte und den Wunsch, in nächster Zeit nicht mehr reiten zu wollen. Aber leider brauchten wir die Pferde noch.

Wir durchquerten das Brachland, ohne auf irgendjemanden zu treffen und kamen schließlich an den Rand des Eschentals, wo wir beinahe sofort von ein paar misstrauischen Nachtelfen empfangen wurden. Nach dem Austausch einiger Nettigkeiten ließen sie uns aber passieren und so gelangten wir ins Eschental, bis zu dem Lagerplatz der Kultisten.

Kapitel 2 – Überfallen

Das Lager wurde von einer großen, magischen Kuppel überdacht, durchsichtig aber deutlich sichtbar. Die Zauberer diskutierten, welcher Art dieser Schutzschirm war, man kam aber zu keinem eindeutigen Ergebnis. Daher schlich ich halb um das Lager und suchte mir eine bessere Position, von der aus ich die Geschehnisse im Lager besser überblicken konnte. Deckung in diesem dichten Wald zu finden war kein Problem. Ich fand schließlich einen Ort, von dem ich gefahrlos ins Lager schauen konnte. Der Winkel war zwar nicht perfekt, aber immerhin würde ich nicht so einfach entdeckt werden. Im Lager befanden sich gar nicht so viele Personen, wie anfangs noch angenommen. Vier Kerle trugen Kisten vom Lager durch ein offen stehendes Portal in eine finstere Welt dahinter, eine Landschaft aus schwarzen Felsen, mit einem Bach aus grünen Feuer, der durch die Szenerie läuft. Dort setzten die vier Kerle die Kisten wieder ab und kamen zurück. Es standen dort bereits einige Kisten, es schien fast so, als würden sich die Kultisten zurückziehen wollen. Dann waren wir ja gerade noch rechtzeitig gekommen, bevor sie ganz verschwunden waren. 

Zu dem Lager gehörte außerdem noch ein einfacher, hölzerner Wachturm, auf dem oben ein Ork Wache hielt, sowie drei Zelte, von einfacher Machart. Und dann war da noch eine Art Ritualplatz, auf dem zwei in Kutten gekleidete Personen standen. Diese rochen regelrecht nach Zauberer. Der Ritualplatz selbst bestand aus zwei schwarzen Steinen, die mit grünen Runen bestückt waren. Zwischen den Steinen befand sich besagtes Portal. Vor dem Portal befand sich noch ein besonderer Gegenstand, ein Kristallklarer Oktaeder mit Echtsilberstrukturen als Gerüst, der selbst in dem dimmen Licht sehr intensiv funkelte. Auf dem Boden davor waren Linien aufgezeichnet, die von dem Objekt zu den schwarzen Steinen führten. Ich hatte keine Ahnung, was diese Gegenstände bedeuteten. 

Als nächstes nahm ich den Schutzschirm in Augenschein. An der Schildinnenseite befanden sich verschiedene magische Runen, alle gewiss dämonischen Ursprungs und grob in jeweils zwei Meter Abstand. Das verriet mir nicht viel, daher nahm ich einen Kiesel und warf ihn einfach mal auf den Schild. Der Stein prallte davon ab und segelte zu Boden. Es gab also kein sehr einfaches Durchkommen. Ich behielt die beiden Robenträger genau im Auge, aber keiner regte sich oder blickte zu mir hoch. Das war immerhin gut, es wurde also kein Alarm ausgelöst, wenn etwas an den Schutzschirm prallte. Ich hatte genug gesehen und zog mich auf dem selben Weg zurück, den ich gekommen war und berichtete meinen Kameraden, was ich gesehen hatte.

Ein Plan war schnell gefasst. Ich würde die Alchimistin mit zu dem Beobachtungspunkt mitnehmen, von dort würde sie eine Phiole mit einer explosiven Mischung durch das Schutzschild direkt auf dem Ritualplatz teleportieren, wo es dann explodieren und der Schild schließlich zusammenbrechen sollte. Die Anderen sollten am Haupteingang warten, bis der Schutzschirm verschwunden war und dann ins Lager hinein stürmen. Das erste Ziel sollten die beiden Robenträger sein, dann erst wollte man sich auf die restlichen Gegner einstellen. Es war kein besonders kreativer Plan, aber immerhin ein Plan. Ich hatte schon mit weniger arbeiten müssen.

Ich führte also die Alchimistin zu meinem Beobachtungsposten und war erleichtert, dass wir nicht bemerkt wurden, obwohl der Kerl auf dem Turm mehrmals in unsere Richtung geschaut hatte. Dort angekommen, ließen wir uns nicht viel Zeit. die Alchimistin wirkte den Zauber und teleportierte fast perfekt die Phiole ins Ziel, wo sie explodierte. Das Ergebnis war durchaus beeindruckend, wenn auch nicht ganz so, wie erhofft. Der Schild blieb weiterhin intakt, dafür zerstörte die Explosion einen Teil der Runen, fügte den schwarzen Steinen Risse hinzu und warf den kristallenen Oktaeder aus seiner Fassung zu Boden. Das Portal schrumpfte sofort und ließ einen der vier Träger auf der anderen Seite zurück. Der Zugang war nicht mehr groß genug für ein Mensch, es brach aber nicht vollständig zusammen. Soweit so gut, aber der Schirm war immer noch da und für unsere Kameraden nicht zu durchdringen. Ich fluchte leise. Da zog die Alchimistin eine weitere Phiole hervor, konzentrierte sich und teleportierte sie direkt zum Haupteingang des Lagers, noch innerhalb des Schildes. Die darauffolgende Explosion riss nun zum Glück Teile des Schildes auseinander und hinterließ Lücken, durch die unsere Gefährten nun durchbrachen. Ich kräuselte unzufrieden die Nase. Der Schild vor uns war noch intakt, es gab kein durchkommen. Ich hatte gehofft, ich könnte von unserem Beobachtungsposten direkt ins Lager kommen, aber das war jetzt hinfällig. Wir mussten wieder zurück, um den anderen zu helfen. Wir rannten los, Alchimistin immer ein wenig hinter mir. Die Zauber hatten wohl sehr viel Kraft gekostet, denn sie bewegte sich langsamer, irgendwie fahriger. 

Aus den Augenwinkeln sah ich eine Bewegung. Einer der Robenträger hatte seine Kapuze abgestreift und entpuppte sich als Elfin. Aber nicht nur das, sie blickte auch genau zu uns, murmelte etwas und ich sah mit Schrecken, wie sich ein Feuerball auf den Weg zu uns machte. Würde er am Schild nicht zerschellen? Ich wollte kein Risiko eingehen, drehte mich um, schubste Alchimistin aus dem Weg und sprang dann in eine andere Richtung. Der Schild hielt die Flammen nicht auf und der Feuerball explodierte genau an der Stelle, wo wir gerade noch gestanden hatten. Das Feuer breitete sich aus und ich spürte schon die Hitze. wir waren bei weitem nicht weit genug von dem Zauber entfernt, um ungeschoren davon zu kommen. Doch plötzlich hielt irgendetwas die Flammen von mir ab. Ich hob den Kopf und sah ein Flimmern um mich herum, dann blickte ich zu Alchimistin. Ihre Hände formten immer noch komplizierte Muster und da begriff ich. Sie hatte ein Schutzschild nicht nur um sich, sondern auch um mich geformt. Dafür war ich ihr außerordentlich dankbar. Ich atmete auf, aber der Blick zu dieser Elfe in Robe ließ mich nichts Gutes erwarten. Sie blickte immer noch zu uns und formte bereits den nächsten Zauber. Ich fasste nach meiner Kameradin und zog sie hoch. » Los, weiter! « brüllte ich und zog sie mehr mit mir. Der Zauber der Elfe war fertig, ein weiterer Feuerball, doch dieses Mal hatten wir Glück. Ein Baum versperrte den direkten Sichtkontakt und schützte uns dadurch. Flammen loderten am Holz empor und wir ließen uns dahinter fallen. Ich sah, wie die Alchimistin keuchte. Sie brauchte eine Pause. Ich dagegen war noch topfit und gerade ziemlich wütend. » Die kauf ich mir… « brummte ich, sprang auf und lief alleine weiter. Ich kam an dem Loch im Schutzschild an und quetschte mich durch. Jetzt erst konnte ich die neue Situation richtig erfassen.

Die Pyromanin hatte als erstes einen Flammenstrahl auf den Wachturm abgefeuert und die hölzernen Streben zerstört. Der Turm war zusammengebrochen, als ich durch den Schild trat. Aber noch etwas anderes war passiert. Aus dem Portal hatte sich ein Dämon bewegt, einen Dämon den man gerne auch Inquisitor nannte. Aber er war nicht richtig stofflich, eher fast schon durchsichtig. Ich habe ja nicht viel Ahnung von Magie, aber sowas hatte ich schon einmal gesehen. Es war nur die Projektion des Dämons. Aber diese war wohl schon mächtig genug. Den Beweis konnte ich gerade noch mit ansehen, als er die komplette Lebenskraft aus dem zweiten Robenträger saugte und dadurch größer und weniger durchsichtig wurde. Und er bewegte sich auf Überheblich zu. Was genau alles diese Projektion sagte, nahm ich in der sprichwörtlichen Hitze des Gefechts nicht wahr, aber es waren vermutlich eh nur belanglose Drohungen und Beschimpfungen. Die Elfe in den Roben hatte sich ein neues Ziel vorgenommen, Pyromanin. Aber eine Pyromanin mit Feuer zu bekämpfen ist eine wirklich dumme Idee. Aus den Augenwinkeln nahm ich unseren Pyromanen-Mönch war, wie er die drei Träger zusammen trag. Allerdings konnte man ihnen ansehen, dass sie gerade so noch wussten, an welchem Ende sie ihr Schwert anzufassen hatten. Von dort drohte also keine Gefahr. Tatsächlich war die Gefahr die besagte Projektion. Überheblich hatte sich in eine Art geistiges Duell mit dem Dämonen begeben, schien aber nicht sehr erfolgreich. Man sah den Schweiß bereits auf seiner Stirn und die verkrampfte Haltung. Er würde vermutlich nicht lange durchhalten, ich musste also handeln. 

Natürlich hatte ich nicht vor, in ein geistiges Duell mit einem Dämon einzusteigen. Ich war ja nicht verrückt. Aber mir wurde sehr schnell klar, woher diese Macht kam, daher lief ich los, an der Projektion vorbei, die immer noch mit Überheblich rang und gleichzeitig näherte ich mich der Elfe, die mich nun wieder bemerkte und bereits einen Zauber begann zu formen. Ich schnappte mir meine zweite Phiole mit dem Äthergemisch und schleuderte sie der Elfe vor die Füße. » Hier fang! Ach so ein Mist, hast du sie fallen gelassen… « ätzte ich noch nach. Der Nebel stieg auf und hüllte die Robenträgerin ein. Diese machte einen schnellen Schritt nach vorne, um aus der betäubenden Wolke heraus zu kommen und hustete wild. Dadurch sah sie nicht den Flammenstrahl der von Pyromanin geworfen wurde und die geschwächte Elfe zu einem Brikett verbrannte. Ich presste die Lippen aufeinander, lebend wäre die Elfe gewiss wertvoller gewesen, aber das war nun hinfällig. Ich spurtete weiter auf mein Ziel zu – den kristallenen Oktaeder. Dort angekommen, sah ich, dass das Objekt immer noch intakt war. Ich zog meine Pistole und schoß. Der Oktaeder zersprang in zwei Teile und schlagartig war das Portal zu. Gleich darauf verschwand die Projektion und ließ einen völlig geschwächten Überheblich zurück. Es gab noch eine Art Rückkopplung, die Pyromanin erwischte und zu Boden warf, aber nicht ernstlich verletzte. Dann war es vorbei. Der Oberbösewicht war zwar geflohen, aber wir hatten diese Schlacht gewonnen. 

Wir sammelten noch verschiedene Gegenstände ein, um sie weiter zu untersuchen und eine Spur zu diesem Dämon zu finden, dann machten wir uns auf dem Rückweg. Es würde gewiss nicht lange dauern, bis wir die Spur aufgenommen hatten und dann sollte sich dieser Oberbösewicht vorsehen.

Bis dahin,
Kari Sha’thar


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