
Überleben im Dschungel II
Inhalt
- Inhalt
- Prolog
- Kapitel I – Einsame Entscheidung
- Kapitel II – Ein Schritt ins Ungewisse
- Kapitel III – Im Griff des Wahnsinns
- Danksagung
Prolog
Der Dschungel hatte ihre Expedition verschlungen. Was als wissenschaftliche Erkundung begann, endete in einem Albtraum aus endlosen Gefahren und tödlichen Überraschungen. Bob und seine Gruppe hatten geglaubt, auf alles vorbereitet zu sein, doch die unerbittliche Wildnis zeigte schnell ihre wahre, grausame Natur.
Die ersten Tage waren hart, aber sie hielten zusammen. Bis zur letzten Nacht. Irgendetwas im Schatten hatte Samuel erwischt – ein Schlangenbiss, lautlose Angreifer. Und nun war Bob allein. Das Camp verlassen, seine Gefährten spurlos verschwunden. Die Wildnis um ihn herum war plötzlich noch viel gefährlicher geworden.
Bob steht vor einer Entscheidung: Rückzug in die vermeintliche Sicherheit oder das Risiko, seine Freunde zu finden – falls sie noch leben.
Der Kampf ums Überleben hatte gerade erst begonnen.
Kapitel I – Einsame Entscheidung
Ich öffnete meine Augen, geblendet von der grellen Morgensonne, die durch die Baumkronen auf mich hinabfiel. Die vertrauten Geräusche des Dschungels – das Kreischen der Affen, das entfernte Geschrei von Vögeln – drangen an mein Ohr, doch etwas stimmte nicht. Es war still, zu still. Das Lager um mich herum, wo gestern noch Leben geherrscht hatte, schien wie ausgestorben.
Ich setzte mich langsam auf und rieb mir die Augen, als wäre es nur ein schlechter Traum, aus dem ich jeden Moment erwachen würde.
Doch als ich meine Hand zurückzog und den Blick auf die Umgebung richtete, wurde mir schnell klar, dass diese Realität nicht nur grausam, sondern auch beunruhigend war. Die Leere um mich herum war so überwältigend, dass sie wie ein schwerer Nebel über meinem Geist lag.
Ich stand auf und spürte, wie meine Beine vor Anspannung leicht zitterten. Die Panik kroch in mir hoch, wie eine dunkle, unheilvolle Schlange, die sich langsam um mein Herz wickelte. Doch ich zwang mich, tief durchzuatmen. Vielleicht waren die anderen einfach jagen gegangen? Vielleicht … Ich schüttelte den Kopf, um diese trügerische Hoffnung abzuschütteln, die mir nicht mehr als ein schwacher Trost war.
„Wo …?“ Mein Flüstern brach in der stillen Luft wie ein zerbrechlicher Spiegel. Mit jedem Schritt, den ich über das zerstreute Lager tat, wuchs ein Gefühl der Beklemmung in meiner Brust. Das Lagerfeuer, das uns einst warm gehalten hatte, war zu einer Aschegrube geworden, in der nur noch verkohlte Holzreste auf das einstige Leben hindeuteten. Der vertraute Geruch von brennendem Holz war von einem unerklärlichen, bitteren Aroma überlagert, das mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
Dann sah ich es.
In einer schattigen Ecke des Lagers lag ein Körper – reglos und leblos. Mein Herz setzte für einen Moment aus, als ich die grausame Wahrheit erkannte. Es war Samuel, einer der Soldaten.
Langsam näherte ich mich dem Körper – jeder Schritt fühlte sich an wie ein schwerer Kampf, und als ich schließlich bei ihm angekommen war, erstarrte ich. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, als hätte er in seinen letzten Momenten mit etwas Gefürchtetem gekämpft. Warum? Warum war das passiert?
Fragen stürmten durch meinen Kopf, doch jede Antwort blieb unerhört. Ich kannte ihn nur flüchtig, aber er war Teil unserer Gemeinschaft. Die Trauer mischte sich mit einer drängenden Wut in mir. Ich musste etwas tun – also richtete ich mich auf, mein Herz klopfte wild in meiner Brust. Die Zeit drängte, und ich wusste, dass ich handeln musste. Die Fragen würden auf später warten müssen. Jetzt zählte nur eines:
Überleben
Kapitel II – Ein Schritt ins Ungewisse
Panik griff nach mir wie eine eiskalte Hand. Mein Atem ging stoßweise, mein Kopf hämmerte. Ich musste mich sammeln, musste handeln. Also riss ich mich los von dem Bild Samuels leblosen Körpers und taumelte zum Überrest unseres Camps. Meine Hände zitterten, während ich meine Habseligkeiten zusammensuchte. Mein Notizbuch, mein Dolch – viel zu klein, um wirklich nützlich zu sein –, ein klappriger Kompass, ein halber Zwieback in meiner Manteltasche. Ein schlechter Witz. Was sollte ich damit ausrichten?
Aber Zeit für Selbstmitleid hatte ich nicht. Meine Kameraden waren fort. Verschleppt? Geflohen? Ich wusste es nicht. Ich musste etwas tun.
Ich stolperte aus dem Lager, folgte einer Spur, die mir im schwachen Licht vielversprechend erschien. Waren das Fußabdrücke? Oder nur das Werk von Tieren? Ich konnte es nicht sagen, aber ich folgte ihnen, weil es das Einzige war, was ich tun konnte.
Meine Stiefel sanken tief in den schlammigen Boden ein. Jeder Schritt war eine Anstrengung, jeder Atemzug von feuchter, modriger Luft durchtränkt. Mein Mantel verfing sich im dichten Gestrüpp, das wie knochige Finger nach mir griff. Zweige schlugen mir ins Gesicht, hinterließen brennende Striemen auf meiner Haut. Der Dschungel lebte – er atmete, bewegte sich, lauerte.
Ein Schatten huschte am Rande meines Blickfeldes vorbei, vielleicht nur eine Eidechse, vielleicht etwas Größeres. Ich wagte es nicht, stehenzubleiben. Langsam beruhigte sich mein Herzschlag. Ich zwang mich, regelmäßig zu atmen. Vielleicht, nur vielleicht, hatte ich doch eine Chance. Vielleicht war ich nicht so verloren, wie es sich anfühlte.
Doch dann, kaum hörbar über das Summen der Insekten, erklang es:
Ein tiefes, kehliges Knurren hinter mir.
Mir wurde eiskalt.
Mein Körper spannte sich an, ein Prickeln lief mir über den Rücken. Es war kein Irrtum gewesen, keine Einbildung. Dieses Geräusch war echt. Ich drehte mich ruckartig um, mein Dolch – eher symbolisch als bedrohlich – fest umklammert. Mein Atem stockte, während meine Augen das Dunkel durchdrangen.
War es ein Raubtier? Ein Troll?
Eine von diesen unheimlichen, lautlosen Kreaturen, die sich im Dickicht versteckten?
Doch anstatt einer Bestie oder eines Trolls sah ich … ein Affenbaby.
Es saß auf einem umgestürzten Baumstamm und musterte mich mit großen, dunklen Augen. Mir entfuhr ein nervöses Lachen, trocken und zittrig, während ich mir über das Gesicht wischte. Es legte den Kopf schief, plapperte etwas in seiner Sprache und sprang dann behände ins Unterholz. Ich atmete tief durch. Es war nichts. Alles war gut.
Ich setzte meinen Weg fort, nun mit einem Hauch mehr Zuversicht. Doch der Dschungel war heimtückisch. Die feuchte Erde verschluckte Geräusche, und die Schatten spielten mir Streiche.
Mein Blick wanderte zu den Resten unseres Camps – irgendwo dort musste noch Isyldras Ausrüstung liegen. Ihre Karten, ihre Werkzeuge … alles wäre jetzt von unschätzbarem Wert. Doch zurückzugehen war keine Option.
Ich musste darauf vertrauen, dass sie irgendwo da draußen war – und ihre Ausrüstung mit ihr.
Ein anderer Gedanke stieg in mir auf. Eddie. Der Kerl hatte die Nerven aus Stahl, das musste man ihm lassen. Ich sah ihn vor mir, wie er die verdammte Schlange von Samuel mit bloßen Händen gepackt und gegen einen Baum geschleudert hatte. Ich war mir sicher, dass er noch am Leben war. Zumindest wollte ich daran glauben.
Plötzlich sackte mein Fuß ein.
Ein Ruck ging durch meinen Körper, als ich das Gleichgewicht verlor. Der Boden unter mir gab nach, und ehe ich begreifen konnte, was geschah, rutschte ich mit einem kehligen Aufschrei eine schlammige Senke hinab.
Dornen kratzten über meine Arme, rissen feine, brennende Schnitte in meine Haut. Äste peitschten mir ins Gesicht, und der schlammige Boden unter mir wurde zur rutschigen Falle. Ich überschlug mich, spürte den Aufprall meiner Schulter gegen einen Felsen, dann meinen Kopf gegen die feuchte Erde. Meine Hände rangen nach Halt – doch es gab nichts, nur Morast und herabgefallene Blätter.
Dann – Stille.
Langsam kam mein Bewusstsein zurück, wie ein Schatten, der sich durch den Nebel schlich. Das Gefühl war schwammig, als ob meine Glieder gar nicht zu mir gehörten. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, und doch wusste ich eines: Etwas war schrecklich schiefgelaufen.
Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Arm – ein brennendes Ziehen. Ich versuchte zu bewegen, doch meine Finger waren wie gelähmt. Blut lief mir über die Stirn, und ich spürte, wie es langsam in meine Augen tropfte. Kein klarer Blick, nur ein verschwommener Schleier, der die Schärfe der Realität dämpfte.
Kapitel III – Im Griff des Wahnsinns
Was war passiert? Wo war ich? Warum fühlte sich alles so falsch an? Wie lange lag ich schon hier? Minuten? Stunden? Sekunden? Mein Verstand war alles andere als klar, und dennoch wusste ich, dass es keinen Moment zu verlieren gab. Zwangsläufig begann mein Gehirn, zu arbeiten.
Ich tastete vorsichtig nach meinem Arm, der schmerzhaft pulsierte, und versuchte, mir ein Bild von den Schäden zu machen. Eine tiefe Wunde, möglicherweise ein Riss im Gewebe. Vielleicht ein Bruch? Aber mit wenig Erfahrung in medizinischen Notfällen musste ich improvisieren. Es gab keinen anderen Weg. Ich musste einen Plan haben, bevor ich die Kontrolle verlor – und die Kontrolle war alles.
Meine Augen fielen auf die Pflanzen um mich herum. Vielleicht könnte eine davon mir helfen. Eine Heilpflanze? In all den Jahren, in denen ich als Übersetzer arbeitete, hatte ich nie eine direkte Begegnung mit den Kräften dieser Natur. Doch hier und jetzt war der Dschungel der einzige Verbündete, den ich hatte.
Ich tastete nach meinem Rucksack. Vielleicht war etwas da, das mir irgendwie helfen konnte – ein Heiltrank, irgendetwas. Mein Handgriff war verzweifelt, fast panisch, als ich die Taschen des Rucksacks durchwühlte. Doch ich fand nichts. Keine Flasche, kein Trank, nichts, was mir auch nur einen Funken Hoffnung geben konnte.
Meine Augen fielen auf die Pflanzen um mich herum. Ihre grünen Blätter wirkten so harmlos, fast wie eine beruhigende Kulisse, doch ich wusste besser.
Der Dschungel hatte keine Gnade, und ich war weit von den mir bekannten Pfaden entfernt. Vielleicht gab es hier etwas, das mir helfen konnte, doch was? Welche dieser unzähligen Pflanzen könnten mir jetzt das Leben retten?
Es gab Pflanzen, von denen ich wusste, dass sie entweder nützlich oder gefährlich sein konnten.
Zuerst musste ich meinen Arm stabilisieren. Ich konnte den Schmerz spüren, der von meiner Schulter aus durch meinen ganzen Körper zog.
Mit zusammengebissenen Zähnen riss ich ein Stück Stoff aus meinem Mantel und wickelte es um meinen Kopf, zog es fest. Der Druck ließ die Welt für einen Moment verschwimmen, doch ich konnte mir keine Ohnmacht leisten.
Mein Arm war als Nächstes dran. Ich improvisierte eine Schlinge aus weiteren Stoffresten, presste meinen Unterarm gegen die Brust und band ihn so gut es ging fest. Die provisorische Fixierung war nicht perfekt, aber es war besser als nichts. Erst als ich fertig war, bemerkte ich es. Das Licht hatte sich verändert. Die Schatten waren langgezogen, warmes Gold spiegelte sich auf den Blättern. Ich blinzelte in den Himmel. Die Sonne senkte sich bereits hinter den Baumwipfeln.
Mein Herz setzte einen Schlag aus.
Ich war bei den ersten Sonnenstrahlen aufgebrochen. Nun war es später Nachmittag, wenn nicht sogar Abend. Ich hatte den ganzen Tag verloren. Mein Blick glitt langsam über meine Umgebung. Der Dschungel erstreckte sich endlos, wild und abweisend.
Über mir türmten sich massive Felsen auf, ihre zerklüfteten Kanten warfen lange, dunkle Schatten. Feine Wasserfälle stürzten wie silberne Fäden in die Tiefe, verschwanden in undurchdringlichen, moosbewachsenen Schluchten, deren Boden ich nicht einmal erahnen konnte. In der Ferne schwoll das Grollen eines reißenden Flusses an, sein Echo hallte zwischen den Felsen wider. Ich folgte mit meinen Augen der steilen, unregelmäßigen Felswand nach oben, suchte nach dem Punkt, von dem ich gestürzt war. Der Abhang war von dichten Wurzeln durchzogen, manche aus der Erde gerissen, als hätte etwas Gewaltiges sie hinabgezogen.
In den Schatten ringsum regte sich das Leben. Das dumpfe Knacken von Ästen ließ meine Nackenhaare aufstellen, gefolgt von einem leisen Rascheln im dichten Unterholz. Irgendetwas war dort draußen – nicht zu sehen, aber deutlich zu hören. Ob harmloses Getier oder lautloser Jäger, das konnte ich nicht sagen. Doch ich war nicht allein.
Ein neues Geräusch schnitt durch das Rascheln der Blätter – schwere, schlurfende Schritte. Langsam, aber zielstrebig. Irgendetwas Großes bewegte sich zwischen den Bäumen.
Ich presste mich flach gegen den Boden, spürte das feuchte Erdreich unter meinen Fingern. Mein Herz pochte so laut in meinen Ohren, dass ich fürchtete, es würde mich verraten. Vorsichtig kroch ich ein Stück zurück, bis ich unter einer breiten Wurzel Schutz fand. Ein Schatten huschte über das unebene Laub, langgezogen und bedrohlich. Ich wagte kaum zu blinzeln. Langsam schob ich mich tiefer in mein Versteck, ignorierte die Dornen, die sich in meine Haut gruben.
Dann, zwischen den Blättern, sah ich ihn … ein Troll!
Er war groß, selbst für seine Art, mit muskulösen Gliedern und einer Haltung, die zugleich träge und gefährlich wirkte. Seine Haut schimmerte im letzten Licht der untergehenden Sonne in blassem Blau, unterbrochen von dunklen Bemalungen.
Über seine Schulter hing ein improvisierter Tragegurt, an dem allerlei Krempel baumelten. Doch mein Herz setzte erst wirklich aus, als ich genauer hinsah.
Zwischen Knochen, Lederbeuteln und anderen Trophäen schimmerte Metall. Und nicht irgendein Metall. Es war ein Werkzeug – eine markante Spitzhacke mit einer eingravierten Inschrift. Ich kannte dieses Ding. Es gehörte Wes. Wie konnte das sein? Wes war doch … er war doch nicht mehr da. Hatte der Troll ihn …?
Hatte er seine Sachen von ihm genommen? Vielleicht trug er noch mehr von den Sachen mit sich, vielleicht sogar mehr Hinweise auf das, was mit meinem Trupp passiert war.
Der Troll machte keine Anstalten, stehenzubleiben. Langsam zog er sich zurück. Doch plötzlich – ein lautes, knirschendes Geräusch, als ich auf einen Ast trat. Ein Ächzen. Und dann drehte er sich zu mir.
Seine Augen, gelb und durchdringend, fixierten mich.
Es war zu spät, um zu fliehen. Es war zu spät, um mich zu verstecken. Der Troll hatte mich entdeckt. Und das bedeutete nur eins:
Ich war jetzt die Beute.
Herausgeber:
Bob Manboo
Das war der zweite Teil der Doku-Thriller Reihe, die die wahren Begebenheiten einer Expeditionsreise von Bob Manboo wiedergeben.
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich meiner treuen Freundin und Mentorin Enestress danken. Diese Reihe ist nicht nur das Produkt meiner eigenen verworrenen Gedanken und Erlebnisse, sondern auch das Ergebnis ihrer unerschütterlichen Inspiration.
Enestress, mit ihrer schier endlosen Weisheit und der Gabe, tief in die Seele der Worte einzutauchen, hat mir nicht nur unzählige Male geholfen, den richtigen Kurs zu finden, sondern sie hat auch die Literatur in Sturmwind neu definiert.
Sie hat mir beigebracht, dass wahre Literatur nicht nur in den ersten Ideen lebt, sondern in der Beständigkeit, der Geduld und der Liebe zum Detail, die man in jeder Zeile steckt. Sie zeigte mir, dass wahre Meisterschaft nicht in der Eile zu finden ist, sondern im stetigen Bemühen, jede Geschichte mit Sorgfalt zu bewahren und weiterzugeben.
Mit dankbarem Herzen,
Bob Manboo