Es war einmal vor langer Zeit eine Frau die Seren hieß. Sie lebte bei ihren Vater Arguile und ihrer Mutter in einer kleinen Hütte am Ufer des Heulenden Fjord. Seren liebte es abends im Wald spazieren zu gehen und die Sterne zu beobachten. Eines Abends entfernte sie sich weiter als sonst von ihrer Hütte und verlief sich.
Sie bekämpfte ihre Ängste und sprach sich selbst Mut zu. Aber bald siegten ihre Ängste. Panik machte sich breit. Immer wider hörte sie in der Ferne Wölfe heule die näher zu kommen schienen. Hell leuchtete der Vollmond und warf bizarre Schatten auf den Boden, die Bäume nahmen unheimliche Gestalten an, durch den Wind wurden die Äste gebogen und erweckten den Anschein als würden sie nach ihr greifen. Seren lief immer schneller durch den Wald.
Sie stolperte mehrmals, blieb mit ihrem Kleid an Ästen hängen die wie alte knochige Finger nach ihr griffen. Sie lief so schnell, dass ihr vor Erschöpfung die Lungen schmerzten. Erschöpft lies sie sich zwischen den herausragenden Wurzeln einer Eiche nieder, wickelte sich in ihren Umhang und fing an zu weinen.
“Warum weinst du?”, fragte eine weiche Stimme, die sich wie die eines Kindes anhörte und doch so alt wie die Zeit zu sein schien. Erschrocken fuhr Seren auf und blickte hektisch um sich. “Wer bist du und wo steckst du? Zeig dich!”, fragte Seren und blickte sich weiterhin hektisch um sich. “Ich stehe direkt hinter dir”, antwortete die Stimme.
Seren drehte sich ruckartig um. “Ich sehe dich nicht. Wo bist du?” “Wie kannst du mich nicht sehen, ich stehe direkt vor dir. Genau dort, wo ich die letzten 400 Jahre stand.” “Die Eiche?” Verwundert streckte Seren die Hand aus um die Rinde des Baumes zu berühren,die jetzt zu leuchten schien. “Ja. Ich bin es. Warum weinst du?”, fragte die Eiche erneut.
“Ich weine, weil ich mich verlaufen habe, weil mir kalt ist und weil ich Hunger habe.” Wie zur Bestätigung knurrte ihr Magen vernehmlich. Die Eiche begann zu lachen. “Das ist nicht komisch”, empörte sich Seren. “Wie heißt du?”, fragte die Eiche plötzlich. “Ich? Ich heiße Seren. Und du?” “Ich habe keinen Namen. Aber ihr Menschen nennt mich Feiries. Du kannst mich ruhig so nennen.” “Gut. Wie… wie kommt es, dass du sprechen kannst? Du bist doch ein Baum.”
“Warum sollte ich nicht sprechen können?”, erwiderte Feiries beleidigt. “Entschuldige. Du bist nur der erste sprechende Baum den ich sehe.” “Alle Bäume können sprechen, nur wir wollen nicht mit Menschen reden, da ihr alles was ihr nicht versteht verurteilt und zerstört. Außerdem habt ihr euch nie die Mühe gemacht zu zuhören.”
Seren setzte sich wider. “Ist dir kalt?”, fragte Feiries als er ihr zittern spürte. “Ein wenig.” “Ich mache dir einen Vorschlag”, erwiderte Feiries ziemlich ruhig, “Wenn du mich täglich besuchen kommst und niemand etwas von mir erfährt, gebe ich dir eine Decke und etwas zu Essen. Ich zeige dir dann auch den Weg nach Hause.”
Bereitwillig stimmte Seren dem Vorschlag zu. Aus der Krone des Baumes fiel eine warme Pelzdecke und im Stamm öffnete sich ein kleines Schränkchen in dem sich warmes Essen befand. Nachdem Seren alles aufgegessen hatte, wickelte sie sich in die Decke und schlief im Schutze Feiries ein. Am nächsten Morgen verabschiedete sie sich von Feiries und ging den von ihm gezeigten Weg nach Hause, mit dem versprechen ihn am nächsten Tag wider zu besuchen.
Als die Hütte in Sicht kam, rannte Seren los. Erfreut rief sie ihren Vater und ihre Mutter. Erleichtert die geliebte Tochter wider bei sich zu haben, wurde sie von ihrer Mutter in die Arme genommen. “Wo warst du?”, fragte Arguile seine Tochter mit drohender Stimme.
“Ich habe mich verlaufen und fand Schutz bei …”, verstummte Seren als ihr das gegebene Versprechen in den Sinn kam, das sie Feiries gab. “Bei wem?”, donnerte Arguile und kam bedrohlich einen Schritt näher. “Bei einem Baum”, antwortete sie kleinlaut. Sie hatte schon immer entsetzliche Angst von ihrem Vater gehabt.
Skeptisch zog er die Brauen hoch und musterte Seren kritisch. Er schien mit dem was er sah zufrieden zu sein, denn er wandte sich ab und ging in die Hütte zurück. Wie versprochen besucht Seren Feiries jeden Tag.
Gewöhnlich kehrte Seren vor Einbruch der Nacht Heim. Doch dieses mal unterhielt sie sich so lange mit Feiries, dass es bereits spät nachts war als sie zurück kehrte. Vorsichtig öffnete sie die Tür um niemanden zu wecken. Aber ihr Vater wartete bereits.
Als er sie sah schlug er ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Seren stieß durch die Wucht des Schlages an die Wand. “Du Miststück! Wie kannst du es wagen so spät nach Hause zu kommen. Du warst bei einem Mann Stimmt´s? Wer ist es? Wie heißt er?” “Nein, ich war …” “Schweig! So eine Schande über die Familie zu bringen. Das wirst du mir büßen.”
Bevor Seren reagieren konnte hatte ihr Vater sie gepackt und ihr ein Messer in den Bauch gerammt. “Lieber sehe ich dich Tod, als dass du solche Schande über uns bringst.” Fassungslos brach Seren auf den Boden zusammen und flüsterte mit letzter Kraft: “Feiries.”
Feiries spürte, dasd Seren etwas zugestoßen war. Er fragte die Geister, ob sie ihm nicht erzählen könnten was mit Seren passiert sei. Es dauerte zwei volle Tage bis Undine die Wasserfee Feiries berichtete, dass Seren von ihrem Vater getötet wurde und das ihre Seele deswegen nicht in der Lage sei Frieden zu finden.
Daraufhin schickte er Paracelsus, einen Erdelfen, aus damit er Seren´s Seele zu ihm geleite. Wider dauerte es zwei Tage bis Paracelsus mit Seren´s Seele zurück kehrte. “Arme Seren. Was ist passiert? Warum findest du keinen Frieden?” “Mein Vater tötete mich in den Glauben ich hätte Schande über die Familie gebracht. Ich kann und will ihm nicht vergeben. Aber ohne Körper bin ich nicht in der Lage mich an ihm zu rächen. Oh… Feiries, was soll ich nur tun? Kannst du mir nicht helfen?”, fragte Seren mit vor Kummer brüchiger Stimme.
“Der einzige Weg den ich kenne damit du in der Lage bist dich zu rächen, führt über mich und ich bin gerne bereit dir zu helfen. Aber bedenke, ich bin nicht in der Lage dir einen neuen Körper zu geben, sondern nur eine neue Gestalt, die du nie wider verlassen kannst und hier auf Erden weilen musst.”
“So lange es der einzige Weg ist, ist es mir gleich. Würdest du es tun? Würdest du mir eine neue Gestalt geben?”, flehte Seren. “Seit langem hatte ich mich einsam gefühlt und würde mich freuen weiterhin deine Gesellschaft genießen zu können.”
Kaum hatte Feiries die Worte ausgesprochen, schlug ein Blitz ein und Seren´s Seele schien aus Licht zu bestehen. Sie schrumpfte bald auf die Gösse einer Erbse. “Danke.”, flüsterte Seren und flog zu ihrem Vater. Wenig später sah sie ihm am Ufer des Fjord auf einem Baumstamm sitzen. Sie flog in wildem Durcheinander vor seinen Augen hin und her.
Wie hypnotisiert folgte Arguile dem kleinen leuchtenden Licht zu Feiries. “Willst du es wirklich?”, fragte Feiries zögernd. “Ja”, antwortete Seren mit zittriger Stimme. Plötzlich sprang ein Wolf aus einem der Büsche. Immer noch hypnotisiert lies sich Arguile von dem Wolf töten. Seren drehte sich um und wischte sich die Tränen aus den Augen. Als der Wolf sein Werk beendet hatte wandte sie sich wider Feiries zu der mit klarer, lauter Stimme verkündete: “Du wirst mein erstes Irrlicht sein!”